Dass es kein Kinderspiel werden würde, in kurzer Zeit von der Wolke sieben herabzusteigen und sogleich auf dem Boden der Bundesliga-Tatsachen die nächsten Hindernisse des Fußball-Alltags in Angriff zu nehmen, war allen Frankfurter Beteiligten bewusst. Doch die Entschlossenheit, mit der sie auch diese Belastungsprobe meisterten, verdeutlichte die Qualität, die in dem Team steckt und neuerdings immer deutlicher zum Vorschein kommt.
Drei Tage nach der Europapokal-Sternstunde gegen Betis Sevilla und rund 48 Stunden nachdem die Eintracht auf ihrem internationalen Streifzug mit dem FC Barcelona ein Traumlos zog, wartete mit dem Duell in Leipzig eine Herausforderung, die die Spieler von Oliver Glasner vor die schwierige Aufgabe stellte, abermals an ihre Leistungsgrenze gehen zu müssen, um die Chance zu wahren, auf die aussichtsreichen Plätze in der Tabelle vorzustoßen.
Und auch wenn kein weiterer Coup glückte, bewältigten sie das Kräftemessen beim 0:0 mit Bravour. Mit dem torlosen Remis gegen die Roten Bullen setzten die Hessen ihren Frühlingsblüte fort: In Sachsen absolvierte die Eintracht am Sonntag das fünfte Spiel in Folge, aus dem sie unbesiegt hervorging.
Die Frage, wie die Eintracht den emotionalen Ausnahmezustand mit ihrem Last-Minute-Happy-End gegen die Spanier verkraftet haben würde, beschäftigte auch Glasners Pendant Domenico Tedesco. Der Leipziger Coach mutmaßte vorab, das Highlight könne für einen zusätzlichen „Push“ sorgen und dem ohnehin körperlich sehr robusten Team dabei helfen, dass es „neue Kräfte entfalte“.
Probleme für die Offensivspieler
So kam es tatsächlich – und obwohl die Roten Bullen in der Begegnung ein klares spielerisches Übergewicht entwickelten, setzten die Frankfurter immer wieder Nadelstiche, mit der sie andeuteten, dass auch an diesem Nachmittag mit ihnen zu rechnen sein würde.
Zunächst musste sich der dichte Nebel in der Arena verziehen, den die Feuerwerkskörper verursachten, die im Frankfurter Fanblock zum Anstoß gezündet worden waren. Referee Christian Dingert unterbrach die Partie prompt für einige Augenblicke; und als es endlich richtig losgehen konnte, waren es die Leipziger, die mit Verve zur Sache gingen.
Die Eintracht tat sich schwer, zu einem geordneten Aufbau zu kommen, auch weil ihre Offensivakteure Filip Kostic, Daichi Kamada oder Rafael Borré zumeist in Doppeldeckung genommen wurden, sobald sie die Mittellinie überschritten. Im Mittelfeld mühte sich Sebastian Rode von Beginn an nach Kräften – aber ohne Fortune. Er ersetzte den gelb-gesperrten Djibril Sow.
Der Kapitän, der zu den laufstärksten Profis im Kader von Glasner zählte, musste Schwerarbeit verrichten, um zentral die Kreise von Kevin Kampl und Christopher Nkunku einigermaßen einzuengen, die immer wieder mit Speed anrannten. Für Rode war nach der ersten Halbzeit, in der ihm mehr Querschläger und Unachtsamkeiten als gewöhnlich unterliefen, vorzeitig Schluss. Ihn ersetzte Ajdin Hrustic.
Der grundsätzliche Ansatz, wie die Eintracht dachte, sich behaupten und dagegen halten zu können, war nach einer kurzen Orientierungsphase zu erkennen: Mit langen Bällen in den Rücken der weit aufgerückten RB-Außenverteidiger versuchte sie, den Defensivriegel auszuhebeln. Und wenn Jesper Lindström nicht ganz so hektisch geworden wäre, hätte aus dem sehenswerten Zuspiel des Kollegen Ansgar Knauff die Führung entspringen können (13. Minute), ja sogar müssen.
Was war das denn? Domenico Tedesco ist ratlos.
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Bild: dpa
So aber versuchte der Däne, noch einmal quer zu legen, anstatt selbst den Abschluss zu suchen – was angebrachter gewesen wäre, zumal sein Pass auf Borré zu ungenau geriet. Ähnlich verlief der zweite ansprechende Konter, bei dem Lindströms Idee, im Strafraum Borré einzubinden, noch von Kampl durchkreuzt wurde (36.).
Martin Hinteregger, der sich und den Seinen mit seiner Hauruckaktion den Weg ins Europapokal-Viertelfinale geebnet hatte, gehörte auch am Sonntag zu den besonders geforderten Akteuren in den schwarzen Trikots. Gegen Nkunku klärte der Österreicher in der 22. Minute auf der Linie. Für den bereits geschlagen am Boden liegenden Keeper Kevin Trapp rettete zudem der linke Pfosten bei einem Fernschuss von Mohamed Simakan (27.) sowie die Latte bei einem Versuch von Konrad Laimer (41.).

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Daniel Olmo (48.) und abermals Nkunku (53.) scheiterten auch zum Auftakt des zweiten Durchgangs an Trapp, wobei sich der Eindruck verfestigte, dass das nicht unbedingt taufrische Eintracht-Ensemble kräftig würde auf die Zähne beißen müssen, um schadlos über die Runden zu kommen. Nach vorne glückte nur wenig Konstruktives, so dass Peter Gulacsi zwischen den Pfosten von RB selten ernsthaft geprüft wurde, zum Beispiel von Jens Petter Hauge (73.).
Wesentlich mehr im Fokus stand da Trapp: Auch, als Laimer nach einem Missgeschick von Kristijan Jakic frei vor ihm aufkreuzte und fulminant Maß nahm, brachte der Rückhalt der Eintracht noch klärend die Hände hinter die Kugel (63.), wie er auch gegen Yussuf Poulsen die Ruhe bewahrte (81.). Danach passierte nicht mehr viel – doch gerade die Frankfurter konnten sehr gut damit leben. „Das war ein guter Punkt“, sagte später Rode. „Damit können wir gut leben nach intensiven Wochen. Jetzt verabschieden wir uns in die Länderspielpause und sammeln Kraft, damit wir danach mit voll Power in die entscheidenden Spiele gehen können.“