Die erste Hälfte war Langeweile pur, die zweite nahm dramatische Züge an. Am Ende stand ein 1:1 zwischen Arminia Bielefeld, dem Vorletzten der Bundesliga-Tabelle, und Hertha BSC, dem Drittletzten. Ein insgesamt glückliches Remis für die Ostwestfalen, die am Samstag in der Nachspielzeit durch Nilssons Kopfball (90.+1 Minute) vor 26.601 Zuschauern im ausverkauften Bielefelder Stadion ausglichen, nachdem Tousart die insgesamt besseren Berliner in Führung gebracht hatte (55. Minute).
Damit ist im Kampf um den Klassenverbleib zwei Spieltage vor Ultimo bis auf den schon seit einer Woche feststehenden Abstieg der Spielvereinigung Greuther Fürth nichts entschieden. Die Hertha besitzt auf jeden Fall die besten Karten mit vier Punkten Vorsprung auf den VfB Stuttgart und sechs Zählern auf den DSC Arminia.
Gonzalo Castro, der erfahrenste Profi im Bielefelder Aufgebot, bekräftigte nach dem Spiel den ungebrochenen Optimismus seiner Mannschaft in puncto Ligaverbleib: „Wir glauben immer noch fest daran. In der nächsten Woche können in Bochum einen großen Schritt nach vorne machen. Der Trainer hat den Spielern sehr viel Druck weggenommen. Er ist eine Erscheinung in der Kabine und auf dem Trainingsplatz.“
Marco Kostmann, der Interims-Nachfolger des vor eineinhalb Wochen entlassenen Frank Kramer bewertete die Lage für seinen Verein relativ positiv. „Wir sind zwei Spieltage vor Schluss noch in der Lage, die Bundesliga zu erhalten. Das bewerte ich erst mal als gut.“ Sein Kollege Felix Magath, schon auf einigen Stationen seiner langen Karriere mit den Untiefen und unverhofften Erfolgserlebnissen im Abstiegskampf vertraut, sprach von einem „typischen Abstiegsduell vom Beginn bis zum Ende. Erst in den letzten Minuten sind wir richtig unter Druck geraten. Mit großem Enthusiasmus und Einsatz hat Arminia dann den gerechten Endstand erzielt.“
Sein Kollege Kostmann, seit Jahren als Torwarttrainer eine Institution der Arminia, hatte in den Tagen vor dem Spiel gesagt, „ich sehe eine gelöste Mannschaft, die miteinander Fußball spielen möchte“. Nach davor acht sieglosen Begegnungen mit sieben Niederlagen und einem Remis hatte er vorhergesagt: „Wir wollen flexibler werden im Angriffsspiel und dafür den Balltransport nach vorn verbessern.“ Ein frommer Wunsch in den ersten 45 Minuten. Die Arminen quälten sich in dem Bedürfnis, sich keine Blöße zu geben, einigermaßen uninspiriert und ideenlos über den Rasen. Aber auch die Hertha beschränkte sich bis auf eine verheißungsvolle Szene, als Selke mit einem Kopfball an Torhüter Ortega scheiterte (23.), auf die Kontrolle dieses fast schon ermüdenden Duells zweier Mannschaften, die sich keinen entscheidenden Fehler erlauben wollten.
Nach der Pause wurde die Auseinandersetzung feuriger und hitziger. Zunächst verballerte der Bielefelder Routinier Castro, anstelle des leicht verletzten Österreichers Schöpf im Spiel, eine große Gelegenheit, als ihn Wimmer freigespielt hatte (51.). Die Berliner machten es wenig später besser. Linksverteidiger Plattenhardt bewies seine Extraqualität bei der Ausführung von Eckstößen. Wurde sein erster Versuch noch zu einem weiteren Eckball abgeblockt, landete die zweite Hereingabe bei dem völlig freistehenden Tousart, der seine Gelegenheit zur 1:0-Führung für die reifere und bis dahin cooler anmutende Mannschaft nutzte.
Die Niederlagenserie des DSC Arminia schien sich fortzusetzen, zumal nachdem sich der souveräne Schiedsrichter Aytekin am Stadionbildschirm ein vermeintliches Strafraumfoul von Pekarik an Nilsson anschaute und zu Recht nichts Strafbares entdeckte (59.). Die Hertha verteidigte ihren Vorsprung lange vergleichsweise abgeklärt und ärgerte sich am Ende, dass die eingewechselten Wollschläger und Mittelstädt ihre Megakonterchance (89.) unkonzentriert und damit leichtfertig vergaben. Damit baute die Hertha die nun verzweifelt um ihre letzte Chance kämpfenden Arminen noch einmal auf. Per Kopfball glückte Innenverteidiger Nilsson nach Hacks Flanke in der Nachspielzeit das 1:1. Ob es am Ende was genutzt hat, werden die beiden letzten Spieltage zeigen.
Auch Felix Magath war sich seiner Sache nicht sicher und schien für einen Moment fast davon zu träumen, dass seine Hertha am Ende die Relegation im Duell mit seinem alten Heimat- und Lieblingsklub Hamburger SV bestehen müsse. Ihn würde es „nicht überraschen, wenn es dazu käme“. Was den HSV angeht, könnte er mit seiner Prognose recht behalten, doch der Erstligaklub, der sich mit zwei Entscheidungsspielen noch retten könnte, scheint doch eher VfB Stuttgart oder Arminia Bielefeld zu heißen.