Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat mit großer Mehrheit den ehemaligen Staatssekretär Und Journalisten Bernd Neuendorf zu seinem neuen Präsidenten gewählt. Der bisherige Präsident des Fußballverbandes Mittelrhein setzte sich in der ersten Kampfabstimmung um den Spitzenposten im DFB gegen Peter Peters, den langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Fußball Liga (DFL), durch.

Mo. – Fr. um 16.00 Uhr; Sa. – So. um 18.00 Uhr
Neuendorf, der Kandidat der Amateure, entschied die geheime Abstimmung mit 193:50 der Stimmen klar für sich. Der deutliche Erfolg hatte sich schon im Vorfeld abgezeichnet. In einer starken Bewerbungsrede vor der Abstimmung trat Neuendorf schon wie der künftige Präsident auf. Das Motto seiner Präsidentschaft gab er da auch schon vor: „Die Welt hat sich geändert, wir müssen uns verändern.“
Er bekam von den Delegierten wohlwollenden Applaus, anders als Peters nach einer eher kraftlosen Rede. Er bekam nicht einmal alle Stimmen aus dem Profilager. Neuendorf bedankte sich nach seinem souveränen Wahlsieg für die „breite Zustimmung“ der Delegierten. „Ich werde diese Aufgabe mit großer Lust angehen.“
Spannung in Personalfragen sorgte auf dem DFB-Bundestag vor allem das Wahlduell zwischen Rainer Koch und Silke Sinning, der Herausforderin des langjährigen Präsidenten des bayerischen und süddeutschen Verbandes. Koch forderte die Delegierten in seiner Bewerbungsrede auf, ihn im Amt des DFB-Vizepräsidenten zu bestätigen – oder sich nicht an der Wahl zu beteiligen.
Krachende Niederlage für Koch
Koch macht dabei seine Personalie zu einer Probe auf den zuvor beschworenen Zusammenhalt zwischen Profis und Amateuren. Er erntete einige Pfiffe. Das Ergebnis fiel dann auch nicht in seinem Sinne aus. Koch verlor krachend: 68:163. Das Ergebnis war die größte Überraschung der vergangenen Jahre im DFB – und ein deutliches Zeichen des Bundestags, neue Wege einzuschlagen und die Ära Koch zu beenden.
Neuendorf hatte zu Beginn seiner Rede die Delegierten des krisengeschüttelte Verbandes mit auf eine Zeitreise ins Jahr 2032 genommen. In zehn Jahren sah der 60 Jahre alte DFB-Newcomer die deutschen Nationalmannschaften der Männer und Frauen wieder in der Weltspitze. Auf den Fußballplätzen des Landes spielen in seinen Augen dann viele Jungen und Mädchen unterschiedlicher Herkunft, die von qualifizierten Trainer und Trainerinnen begleitet werden – und nebenan Menschen mit und ohne Handicap.
„Wir reden nicht über Diversität, wir leben sie.“ Neuendorfs neue ideale deutsche Fußballwelt kontrastierte am Freitag im ehemaligen deutschen Bundestag jedenfalls scharf mit der Gegenwart des DFB. So wurden etwa der vorherige DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius sowie Schatzmeister Stephan Osnabrügge, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt, vom DFB-Bundestag für die Zeit von 2019 bis 2022 nicht entlastet. Zumindest nicht für Aspekte, die mit den Ermittlungen im Zusammenhang stehen.
Neuendorf machte in seinem Statement keinen Bogen um die düstere Vergangenheit des Verbandes, die ihn überhaupt erst zu einem Kandidaten für die DFB-Präsidentschaft machte. „Deshalb lautet meine erste und wichtigste Botschaft: Der Fußball muss wieder im Mittelpunkt stehen, nicht die Querelen an der Spitze des Verbandes. Die Menschen sind es einfach leid, im Zusammenhang mit dem DFB permanent von Streitereien und Hausdurchsuchungen, von Razzien und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu lesen. Sie wenden sich ab, sind genervt, sie fühlen sich nicht mehr vertreten. Sie wollen einen glaubwürdigen und vertrauensvollen DFB. Sie wollen einen modernen DFB. Sie wollen einen Verband, der die Interessen des Fußballs kraftvoll vertritt. Dafür stehe ich“, sagte Neuendorf. „Und ich will hinzufügen: Niemand sollte sich täuschen – wer diesen Weg der Erneuerung und des kulturellen Wandels nicht mitgeht, wird mich zum entschiedenen Gegner haben.“
Bernd Neuendorf (links) und Peter Peters vor der Wahl beim DFB-Bundestag in Bonn.
:
Bild: EPA
Das war nicht weniger als ein Versprechen des neuen DFB-Präsidenten, die notwendigen Erneuerungen innerhalb des Verbandes zum Gradmesser seiner auf drei Jahre angelegten Präsidentschaft zu machen. Neuendorfs zweite Botschaft lautet: Der DFB müsse seine politischen und gesellschaftliche Verantwortung wieder stärker wahrnehmen. „Es ist offensichtlich, dass uns zuletzt die Zugänge zur Politik gefehlt haben. Wir haben erkennbar keine Durchschlagskraft“, rief der frühere Staatssekretär (SPD) aus Nordrhein-Westfalen den DFB-Delegierten zu. Er kündigte zudem an, im Verhältnis zwischen DFB und DFL wieder „zu einer Arbeitsweise zurückfinden will, die von gegenseitigem Respekt und Vertrauen gekennzeichnet ist“.
In dieser Hinsicht hatte zuvor schon Hans-Joachim Watzke, neuer DFL-Aufsichtsratsvorsitzender und bisheriger DFB-Interimspräsident, ein künftig wieder verbessertes Miteinander zwischen Amateur- und Profifußball gefordert. „Wenn wir weiter DFB und DFL wie zwei Züge aufeinander zurasen lassen, dann wird der deutsche Fußball dadurch dramatisch verlieren“, warnte der Geschäftsführer von Borussia Dortmund.
Er hatte den DFB in den vergangenen vier Wochen zusammen mit Rainer Koch geführt, dem bisherigen 1. Vizepräsident Amateure. „Wir müssen die Kräfte bündeln und sie nicht gegenseitig zerstören.“ Das Erscheinungsbild und das Image seine zuletzt nicht gut gewesen, so Watzke. „Da sind auch Fehler gemacht worden. Das muss sich deutlich ändern. Wenn so eine Situation entstanden ist, dann ist nicht nur eine Person oder eine Seite schuld“, sagte Watzke.
Da durften sich nicht zuletzt der scheidende Schatzmeister, aber auch Koch angesprochen fühlen, die von eigenen Fehlern in den vergangenen Jahren bei ihren Rede vor dem DFB-Bundestag nicht viel wissen wollten. Osnabrügge hinterließ den Eindruck, dass für das schlechte Image des Verbandes nicht zuletzt die Medien und die Behörden verantwortlich seien. Zu seinem Nachfolger wurde Stephan Grunwald gewählt, zuletzt Leiter der Revisionsstelle des norddeutschen Verbandes.

Lesen Sie jetzt F+ zwei Monate kostenlos und erhalten Sie Zugriff auf alle Artikel auf FAZ.NET.