34, 35, 36 – in Mainz kamen sie am Samstag aus dem Zählen nicht mehr heraus. Binnen einer Viertelstunde erhielten die 05-Fußballprofis in der zweiten Halbzeit des Bundesligaspiels gegen Arminia Bielefeld drei Elfmeter, zur Ausführung schritt jeweils ein anderer Akteur. Zunächst übernahm Moussa Niakhaté selbst, danach drückte der Kapitän den Ball Jonathan Burkardt und Marcus Ingvartsen in die Hand.
Alle drei verwandelten sicher, schraubten das Ergebnis auf 4:0 und bauten nebenbei ihre Rekordserie der verwandelten Strafstöße auf drei Dutzend aus. „Das war schon außergewöhnlich“, kommentierte Schiedsrichter Felix Zwayer die Ansammlung von Arminia-Fouls im Strafraum. „Aber ich muss sie ahnden. Ich kann ja nicht sagen, zwei Elfmeter reichen.“
Dass der Unparteiische sich nach der Partie den Fragen der Medienvertreter stellte, hatte freilich nichts mit diesem Thema zu tun, zumal alle drei Vergehen klar waren und keine Diskussionen nach sich zogen. Anlass für Zwayers Pressegespräch war vielmehr eine Szene aus der 15. Minute, in der Arminia-Schlussmann Stefan Ortega einen Niakhaté-Kopfball auf der Linie zu fassen bekam. Kaum aber hatte er abgeschlagen, pfiff der Referee und zeigte auf den Anstoßpunkt. Niakhaté riss die Arme hoch und rannte jubelnd zur Seitenlinie, seine Mitspieler und die Fans freuten sich ebenfalls.
„So ein Tor will niemand“
Doch wer parallel die Fernsehbilder sah, wusste, dass die Entscheidung nicht korrekt war. Tatsächlich handelte es sich um eine Fehlfunktion der Toruhr, die der Referee am Handgelenk trug. Die hatte sich nicht nur mit Verzögerung, sondern auch fälschlicherweise gemeldet. „Das ist bisher noch nicht vorgekommen, dass sie ein Tor angezeigt hat, ohne dass eines erzielt wurde“, sagte Zwayer später. Schon das verspätete Signal habe ihn stutzig gemacht, und nach seiner Wahrnehmung und der seines Assistenten sei der Ball auch nicht hinter der Linie gewesen – eine Einschätzung, die er in den Kölner Keller durchgab und die er bei der Überprüfung am Monitor bestätigt bekam. Den Treffer nahm er daher zurück.
„So ein Tor will niemand haben“, sagte Martin Schmidt, ein paar andere aber hätte nicht nur der Mainzer Sportdirektor gerne genommen. Denn seine Mannschaft begann zwar bemerkenswert effektiv, Burkhardt schloss den ersten Angriff nach nur 27 Sekunden mit dem 1:0 ab, und empfand dies sichtlich als Befreiung. Der siebte und bislang letzte Treffer des Stürmers lag dreieinhalb Monate zurück, „und es hat mich schon beschäftigt, in der Rückrunde noch ohne Tor zu sein“. Danach versäumten es die 05er jedoch, schon vor der Pause für klare Verhältnisse zu sorgen.
„Wir haben nach dem denkbar schlechten Start sehr lange gebraucht, um Zugang zum Spiel zu finden“, sagte Arminia-Trainer Frank Kramer. Das gelang seiner Mannschaft gegen Ende der ersten Halbzeit nur, weil die Mainzer aus der langen Bielefelder Anlaufzeit kein Kapital schlugen. Dominik Kohr köpfte aus elf Metern an die Latte, andere machten in aussichtsreichen Positionen einen Haken zu viel.
Und als sie aus dem Gefühl heraus, alles im Griff zu haben, die Zügel schleifen ließen, entgingen sie mit etwas Glück dem Ausgleich. „Wir haben in unseren Grundtugenden nachgelassen“, fasste Trainer Bo Svensson diese Minuten zusammen. „In 90 Minuten hat man immer mal Schwächephasen, und dann muss man besser gegensteuern als wir heute. Wir hatten Glück, dass wir nicht bestraft worden sind.“
Burkardt hätte dem Zittern drei Minuten nach dem Seitenwechsel ein Ende setzen können, donnerte den Ball aber aus kurzer Entfernung an die Unterseite der Latte, von wo er derart weit ins Feld zurücksprang, dass nicht mal die Torlinientechnik einen Treffer feststellen wollte. Auch wegen dieser Szene betonte Schmidt hinterher, die drei Strafstöße in der Statistik gäben den eigentlichen Spielverlauf nicht richtig wieder. „Das Spiel war besser. Das war eine Topleistung. Aber trotzdem brauchte es die Elfer, weil wir aus dem Spiel heraus zu viele Chancen liegenlassen haben.“
Der Freude der Fans tat dies keinen Abbruch. Sie hatte der Verein schon vor dem Anpfiff mit der Nachricht von Robin Zentners Vertragsverlängerung begeistert. Der 27 Jahre alte Torwart, seit 2006 am Bruchweg, hat bis Mitte 2025 unterschrieben. „Es fühlt sich einfach richtig an“, sagte er. Zur Feier des Tages blieb er zum neunten Mal in dieser Saison ohne Gegentor.