Das 0:0 der Eintracht gegen Greuther Fürth, das im Kerngeschäft Bundesliga eine Enttäuschung für die Hessen darstellte, lag am Samstag nicht lange zurück, da sollte sich der Frankfurter Trainer Oliver Glasner schon mit der nächsten Nullnummer befassen. Eine, die noch in weiter Ferne liegt, weil deren Zustandekommen mit einem großen Fragezeichen versehen werden muss. Mit einem torlosen Remis gegen den FC Barcelona, der an diesem Donnerstag (21 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Europa League und bei RTL) zum Viertelfinale in der Europa League die WM-Arena beehrt, wäre er „vielleicht nach dem Abpfiff zufrieden“, teilte Glasner auf der Pressekonferenz selbstbewusst mit.
Er gehe aber nie in ein Spiel und sage vorab, dass er auch mit einem Unentschieden zufrieden sein werde. An seiner Einstellung würde selbst der „große FC Barcelona“ nichts ändern. Also schickte der Österreicher aus dem „Herzen von Europa“ eine Kampfansage gen Spanien und hob hervor: „Wir werden auch gegen den großen FC Barcelona auf Sieg spielen.“ Was vom Außenseiter angesichts der Herkulesaufgabe bewiesen werden muss.
„Die größten Spiele seit dem Finale 1960 gegen Real Madrid“
Seit dem vergangenen Samstag, 17.30 Uhr, nach Abpfiff der verpatzten Generalprobe gegen den Erstliga-Letzten gibt es wirklich nur noch ein Thema im fußballbegeisterten Frankfurt: den FC Barcelona. Der spanische Gigant, dessen sportliche Heimat zuvörderst die Champions League ist, ist in aller Munde. Und von Tag zu Tag wird er sich auch in den Köpfen der Eintracht-Spieler immer mehr festsetzen. Deren Trainer gab einen detaillierten Einblick in die außergewöhnliche Spielvorbereitung mit seinem Personal für das besondere Kräftemessen. Glasner geht fest davon aus, dass sich jeder Spieler das Liga-Duell von Barcelona am Sonntagabend gegen den FC Sevilla im Fernsehen angeschaut haben wird.
An diesem Montag haben die Eintracht-Profis aus Sicht des Fußballlehrers verdientermaßen frei, bevor Glasner und sein Trainerstab der Mannschaft am Dienstag den FC Barcelona mit Videoausschnitten vorstellen werden. Auch auf dem Trainingsplatz startet dann gezielt die Vorbereitung auf die beiden Ausnahmeduelle, die Vereinspräsident Peter Fischer kurz nach der Auslosung als „die größten Spiele seit dem Finale 1960 gegen Real Madrid“ einordnete. Mehr Bedeutung geht nicht.
Für Axel Hellmann ist das Aufeinandertreffen mit Barcelona „die größtmöglich denkbare Paarung, die wir bekommen konnten“ – das sagte der Vorstandssprecher im Anschluss an den ernüchternden Spielausgang gegen Fürth. Er könne sich nicht daran erinnern, eine solche Medienwirkung schon mal erlebt zu haben. Hellmann sprach von einer „enormen Weite und Wirkung“.
Mit dem nationalen Rückschlag am 28. Spieltag gegen den voraussichtlichen Bundesliga-Absteiger aus Mittelfranken wollte er sich nicht lange aufhalten, auch wenn die Eintracht durch das Ergebnis ihren Kurs auf Europa nicht konsequent fortgesetzt hat. „Ab jetzt gibt es nur noch eine Richtung: Barcelona schlagen – in einer vollen Hütte und mit voller Kapelle“, lautete Hellmanns Gemeinschaftsappell. Glasner und sein Kapitän Sebastian Rode sind sich sicher, dass die Spiele gegen Fürth und Barcelona in unterschiedlichen Gewichtsklassen kaum Gemeinsamkeiten aufweisen werden. „Ich denke, das ist heute ein komplett anderes Spiel als am Donnerstag, da Fürth auf dem Platz ganz anders steht als Barcelona“, sagte Rode. Und sein Trainer wiederum denkt, „dass wir dort nicht 70 Prozent Ballbesitz haben werden“.
„Wir haben zu langsam Fußball gespielt“
Unmittelbar nach der Nullnummer gegen die mit großer Kompaktheit agierenden Fürther wollte bei Glasner noch keine Freude auf das „große Spektakel“ gegen Barcelona aufkommen. Denn seine Spieler hatten ihm wie schon öfters in dieser Saison vor Augen geführt, dass sie es gegen „defensive und gut organisierte Gegner“ nicht schaffen, zielorientiert vorzugehen. „Wir haben zu langsam Fußball gespielt, waren zu statisch und hatten nicht genügend Intensität in unseren Aktionen“, kritisierte Sportvorstand Markus Krösche. „Fürth hat die Box gut verteidigt – dafür hatten wir keine Lösungen.“
Mit Blick auf die fehlende Kreativität im Eintracht-Spiel bemängelte Glasner, dass die Frankfurter „insgesamt auf den letzten 16 bis 20 Metern zu ungenau und in der Strafraumbesetzung nicht optimal“ gewesen seien. „Das Thema haben wir schon länger“, räumte er ein und ging ins Detail: „Es gab in der zweiten Halbzeit einen Chipball von Filip Kostic auf den zweiten Pfosten – und keiner war da.“
„0:0 gegen Fürth ist zu wenig“
Für mehr Abwechslung im positiven Sinne hätten Jesper Lindström, Ansgar Knauff und Gonçalo Paciência sorgen können, wenn sie ihre Torchancen verwertet hätten. Ihnen stand jedoch der gute Fürther Torhüter Andreas Linde erfolgreich im Weg. Einen verlässlichen Vollstrecker wie ihren nach Leipzig gewechselten Torjäger André Silva wissen die Hessen aktuell nicht in ihren Reihen.
Der fleißig mitarbeitende Kolumbianer Rafael Borré geht zwar weite Wege. Im gegnerischen Strafraum ist er dann aber im Kampf um Zählbares zu wenig anzutreffen. Trotzdem wird Borré im Duell mit Barcelona wohl wieder am Ball sein, denn für eine auf Konter und schnelles Umschaltspiel angelegte Darbietung ist Gonçalo Paciência zu langsam.
„Das 0:0 gegen Fürth ist zu wenig, das ist klar. Auch für die Ansprüche, die wir haben“, gab Kevin Trapp zu. Nach zwei Jahren Pandemie freute sich der Torhüter, dass das Stadion mit 50.500 Zuschauern fast voll besetzt war. „Auch beim Warmmachen war es eine besondere Stimmung. Das ist für uns alle enorm wichtig – vor allem im Hinblick auf Barcelona, wenn die Hütte bei diesem Highlight-Spiel wieder voll ist. Wir haben Großes vor“, kündigte der Nationaltorhüter an. „Dafür benötigen wir die Leute von den Rängen.“