Das Leben ist ein Kinderspiel. So zumindest sah es am Samstagmorgen im Trainingsquartier der deutschen U-21-Nationalmannschaft aus, als die Fußball-Jungstars Besuch von 25 Kids der Stiftung „Kinderlachen“ bekamen und mit ihnen auf dem Trainingsplatz in Halle/Westfalen nach Lust und Laune kickten. Mittendrin und gern dabei: Ansgar Knauff, mit gerade mal 20 Jahren einer der jugendlichen Saisonaufsteiger beim Europa-League-Champion Eintracht Frankfurt. Er, der von Kindesbeinen an Fußballprofi werden wollte, freute sich über die zwanglose Einstimmung auf eine harte Arbeitswoche. „Wenn ich noch klein wäre und eine solche Möglichkeit gehabt hätte, wäre es für mich das Größte gewesen“, sagte Knauff vor seinem fünften Einsatz für die U-21-Auswahl.

Mo. – Fr. um 16.00 Uhr; Sa. – So. um 18.00 Uhr
Der junge Mann aus der niedersächsischen Universitätsstadt Göttingen hat sich auch angesichts seiner zuletzt kometenhaft beschleunigten Karriere eine Bodenständigkeit bewahrt, die ihm auf dem weiteren Weg nach oben als Lebenskompass hilft. Fürs Erste gilt sein Fokus nun der ältesten deutschen Nachwuchsnationalmannschaft, die am Ende dieser Woche die Qualifikation für die Endrunde der U-21-Europameisterschaft 2023 in Rumänien und Georgien geschafft haben will. Dazu fehlt noch ein Pünktchen, das am Freitag im Heimspiel gegen Ungarn in Osnabrück mindestens herausspringen soll.
Knauff, Sohn eines Ghanaers und aufgewachsen in der Obhut seiner deutschen Mutter, blickt auf ein turbulentes Fußballjahr zwischen der vierten und der ersten Liga, zwischen der Champions League und der Europa League, zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt zurück. Dort stand er, im Januar gekommen, anders als zuvor beim Ligazweiten im Rampenlicht – vor allem bei den großen Erfolgen in der K.-o.-Phase der Europa League, zu denen er, jeweils über die volle Spieldauer dabei, jeweils einen Treffer im Viertelfinalhinspiel gegen den FC Barcelona (1:1) und beim Halbfinalhinspiel in London gegen West Ham United (2:1) beisteuerte.
Auszeichnung durch UEFA
Der manchmal unwiderstehliche Sprinter und Dribbler auf dem rechten Flügel sagt beim Blick zurück auf sein erstes Halbjahr bei der Eintracht mit ihrer rauschhaften Europareise bis zum finalen Triumph gegen die Glasgow Rangers in Sevilla: „Das war für mich unglaublich. Ich habe mit dem Wechsel nach Frankfurt extrem viel erlebt.“
Nach einer relativ kurzen Sommerpause wartet am 10. August in Helsinki der europäische Supercup, das Duell zwischen Knauffs Eintracht und dem Champions-League-Rekordgewinner Real Madrid und dann vom September an die erste Champions-League-Runde für die Hessen nach ihrer glorreichen Europa-League-Kampagne, an deren Ende Knauff von der Europäischen Fußball-Union zum „Europa League Young Player of the Season“ ausgezeichnet wurde. Wie er wohl all die Erfolge und Ehrungen in jungen Jahren verkraften wird? Knauff sagt: „Ich bin immer ich selbst und gleich geblieben. Ob es gerade gut lief oder nicht. Jetzt ist es wichtig, einfach dranzubleiben.“
Er, der schon als Kind ein kleiner Überflieger im Umgang mit Ball und Gegenspielern war, wirkt dabei so glaubwürdig wie am Samstag am Schauplatz Halle vor den Toren von Bielefeld. Was für eine gewisse Uneitelkeit des Publikumsspielers mit dem Talent zum Steilgehen und zum Austricksen seiner Gegenspieler spricht, ist seine Bereitschaft, als Teamplayer überall mit anzupacken. „Wenn ich bei den Profis von Borussia Dortmund auf der Bank saß und gefragt wurde, ob ich, um Spielpraxis zu bekommen, in der zweiten Mannschaft spielen wolle, habe ich immer Ja gesagt. Ich will spielen und entwickle mich in jedem Spiel weiter, ob es in der ersten, der dritten oder wie letztes Jahr noch in der Regionalliga war. Man kann aus allem etwas rausziehen für sich selber.“
Auch deshalb bleibt der Shooting Star der Eintracht stets angemessen selbstkritisch. Er sagt: „Ich muss mich in allen Bereichen noch verbessern. Vor allem im Defensivspiel. Da gibt es noch Luft nach oben. Offensiv kann ich im Torabschluss mit meinem linken Fuß noch besser werden.“ Knauffs Qualitäten überstrahlen indes seine Defizite. Und er nennt sie auch gern beim Namen: „Meine größte Stärke ist mein gutes Tempo. Ich gehe relativ unbekümmert in die Spiele rein, versuche, meine Aktionen zu ziehen und bei Eins-gegen-eins-Situationen ins Dribbling zu gehen.“ Mit seiner unbeschwerten Art zu kicken ist der rechte Schienenspieler längst zum Pendant des wuchtigeren und erfahreneren Filip Kostic auf der linken Seite geworden.
Knauffs Leihvertrag bei der Eintracht reicht bis zum 1. Juli 2023, ehe er danach, so sieht es derzeit aus, wieder nach Dortmund zurückkehrt, wo er 2020 und 2021 seine Premieren in der Champions League und der Bundesliga gab. Sein Förderer Edin Terzic, beim BVB auf die Cheftrainerposition zurückgekehrt, hat ihm nach dem Europa-League-Sieg mit der Eintracht gratuliert. „Wir sind im guten Austausch“, sagt der Spieler, „was auch ganz normal ist. Ich spiele aber die nächste Saison noch in Frankfurt. Über alles andere mache ich mir jetzt keine Gedanken.“