Mehr als hundert Journalisten schon beim Abschlusstraining am Mittwochvormittag. Es ist mächtig was los in Frankfurt in diesen Tagen – und an diesem Donnerstag ganz besonders. Endlich findet der Kracher gegen den FC Barcelona statt (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Europa League und bei RTL). Endlich kann die Eintracht im Jahrhundertspiel zeigen, was in ihr steckt und ob sie dem großen Favoriten ein Bein stellen kann.
Für Oliver Glasner steht eines jetzt schon fest: „Wir werden ganz bestimmt einen wunderbaren Europapokalabend erleben.“ Nicht nur für die meisten seiner Spieler, auch für den Eintracht-Trainer selbst ist das Viertelfinale gegen Barça das bislang größte Spiel seines Lebens. „Barcelona ist ein Mythos“, sagte Glasner am Mittwoch ein paar Stunden nach dem Abschlusstraining, wo sich in den Katakomben der Arena das gleiche Bild wie draußen auf Übungsplatz vier präsentierte: prall gefüllte Reihen.
„Euphorie“ vor dem Spiel
Das Gros der 60 angekündigten spanischen Pressevertreter war schon in der Stadt, die scheinbar kopfsteht und dem großen Spiel in der Europa League entgegenfiebert. „Die Euphorie ist riesig“, bekräftigte Sebastian Rode. Einmal, vor sieben Jahren im Dress seines damaligen Klubs FC Bayern München, hat Rode im Halbfinale der Champions League gegen den FC Barcelona gespielt.
Nun das Wiedersehen in der Europa League, und wie so oft weiß der Mann von der Bergstraße nicht, ob seine spielerischen Dienste von Anfang bis Ende gefragt sind. Rodes große Achillesferse ist seine generelle Verletzungsanfälligkeit, die ihn immer wieder mal zurückwirft und behindert. Für das Kräftemessen mit den Katalanen ist er fit. Sein Trainer weiß, dass er sich hundertprozentig auf seinen Anführer verlassen kann. „Egal, ob für eine oder für 45 Minuten: Ich bin da, wenn ich gebraucht werde.“
Einer wie Rode mit Ordnungssinn, Spielverständnis und Kampfkraft wird bei der Eintracht immer benötigt. Trotzdem kann es sein, dass Glasner der eingespielten Startelf vertraut, die in den vergangenen Wochen in unveränderter Aufstellung gefragt war. „Auf uns wartet eine riesengroße Aufgabe“, sagte Rode zur Einstimmung auf die Partie, „die auch für mich zu einem Highlight meiner Karriere werden wird.“ Rode vertraut Glasner und dessen Personalauswahl. „Sow und Jakic haben es zuletzt hervorragend gemacht“, lobte der Kapitän fair und selbstlos die Leistungen seiner unmittelbaren Konkurrenten auf der sogenannten Sechser-Position.
Vorne im Sturm, vor allem beim Blick auf den Gegner, ist Pedri in den Fokus geraten. Der 19 Jahre alte Wirbelwind, der eigentlich Pedro González López heißt, war als Siegtorschütze beim 1:0 gegen Sevilla der Matchwinner von Barça. Doch Pedri ist mehr, viel mehr als nur der Mann für ein Spiel. Eintracht-Trainer Glasner ist begeistert von seinen Künsten.
„Homogene Einheit“
„Er ist eines der größten Talente im spanischen Fußball“, schwärmte Glasner am Mittwoch. „Er passt perfekt ins Barça-System mit dem 4-3-3. Ihm gehört die Zukunft im spanischen und im europäischen Fußball.“ Einen wie Pedri haben sie nicht bei der Eintracht. Bei den Frankfurtern ist es vor allem das Kollektiv, mit dem der Klub zu punkten weiß. Glasner hob dies zur Einstimmung auf den Kracher gegen Barça noch einmal und besonders hervor. „Wir sind eine homogene, gut gerüstete Einheit.“
In der Spielvorbereitung hat der Eintracht-Trainer nichts gravierend anders gemacht. Akribisch hat er taktische und personelle Feinheiten des Gegners analysiert und von seinen Leuten visuell aufbereiten lassen. Die Eintracht-Profis wissen, was mit den ballsicheren Spaniern auf sie zukommt. Doch sie lassen sich von der Dominanz und Überlegenheit nicht verrückt machen. Im Gegenteil.
„Wir wollen nicht 90 Minuten lang auf den letzten 30 Metern verteidigen“, sagte der österreichische Fußballlehrer. Munter mitspielen, nicht in Ehrfurcht erstarren: Die Eintracht will schauen, was gegen Barcelona möglich ist. Glasner beschrieb es so: „Wir lassen die Pferde laufen, wo sie laufen wollen. Aber wir lassen sie nicht durchgehen. Es darf nicht wild werden.“
Besonderes Spiel, besondere Aktionen
Großartig soll es werden. Sportlich, atmosphärisch – und überhaupt. Kapitän Rode hat schon die Signale vernommen, dass dieses besondere Spiel besondere Aktionen erfordert. So gilt es als ausgemacht, dass die Fans eine große Choreographie zeigen werden. Die Blicke im Stadion werden ebenso vor Spielbeginn darauf gerichtet sein wie auch vor dem Fernseher.
Vom übertragenden Sender RTL ist zu hören, dass mit einer Einschaltquote von gut fünf Millionen Zuschauern gerechnet wird. Ein absoluter Spitzenwert im Klubfußball, der unterstreicht: Die Eintracht hat sich in der Europa League zu einer Marke entwickelt. „Der Verein, die Mannschaft, die Stadt, die Fans: Dieses Spiel haben wir uns verdient“, sagte Eintracht-Trainer Glasner.
„Wir sind in Europa im Viertelfinale und hoffen, dass es auch danach nicht vorbei ist.“ Rode sagte: „Es muss vieles zusammenkommen, damit wir Barcelona gefährlich werden.“ Seine Hoffnung: Die Mannschaft würde sich „die eine oder andere Chance herausspielen, und die müssen wir dann eiskalt nutzen“.
Für Rode ist das Jahrhundertspiel gegen Barcelona auch das Wiedersehen mit seinem einstigen Dortmunder Mitspieler Pierre-Emerick Aubameyang. „Auba ist ein positiv Verrückter“, sagte der Frankfurter Spielführer. „Er kann längere Zeit wie unsichtbar sein, aber dann taucht er plötzlich in der Box auf und macht das entscheidende Tor.“ Bei der Eintracht setzen sie darauf, dass Aubameyang dies in der spanischen Liga macht – aber nicht an diesem Donnerstag im Europa-League-Kracher in Frankfurt.