Nur zwei Mal brandete in der zweiten Halbzeit Applaus auf im Stadion am Brentanobad. Zum einen, als die bei einem Heimspiel lange nicht mehr erreichte Zuschauerzahl von 2030 durchgesagt wurde. Zum anderen, als der von einjähriger Verletzungspause genesenen Géraldine Reuteler ein bildschönes Tor (85.) gelungen war. Ein Treffer aus vollem Lauf.

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Treffer aus voller Überzeugung landete nach Abpfiff Merle Frohms. Und zwar verbaler Natur, welche die Erschütterung im Kosmos der Frauen der Frankfurter Eintracht illustrierten. Die Nationaltorhüterin sprach am Sonntagnachmittag von „einer Art Arbeitsverweigerung“ in Bezug auf ihre Hintermannschaft. Von einer „Einstellungssache“. Und davon, dass diese Mannschaft „mit einer kleinen Drucksituation wohl nicht umgehen“ könne. Merle Frohms ließ das bei der Eintracht zuletzt aufgebaute Narrativ, dass dieser SGE-Jahrgang auf Augenhöhe mit den Topteams der Frauenfußball-Bundesliga agieren könne, gehörig erodieren.
Als es darauf ankam, im zugespitzten Kampf um Europa, war dies nicht der Fall. Die 1:4-Heimniederlage gegen den VfL Wolfsburg war ein echter Rückschlag – tabellarisch, aber mehr noch für das Selbstverständnis der SGE. Der Tabellenführer hatte kurzen Prozess gemacht mit den Frankfurterinnen und das Spiel angesichts eines 4:0-Vorsprungs schon zur Halbzeit entschieden.
Es war eine Lehrstunde für die Hessinnen, die zwar elf Nationalspielerinnen in ihrer Startformation aufboten, aber nicht die erhoffte Reifeprüfung ablegten, sondern ohne Wenn und Aber einsehen mussten, dass die Wolfsburgerinnen an guten Tagen mehrere Nummern zu groß für sie sind. In seinem Bemühen, an einem verkorksten Nachmittag noch etwas Positives hervorzukramen, sagte Cheftrainer Niko Arnautis: „Wichtig war, dass wir in der zweiten Halbzeit nicht komplett untergegangen sind und das Ergebnis einigermaßen im Rahmen gehalten haben.“
Der Situation nicht gewachsen
Auch Kapitänin Laura Freigang sagte, dass es in den zweiten 45 Minuten vorrangig darum gegangen sei, „das Gesicht zu wahren“. Immerhin dies gelang gegen einen Kontrahenten, der zwischen zwei Champions-League-Viertelfinal-Partien gegen Arsenal in einen abgebrühten Verwaltungsmodus zurückschaltete.
Die Eintracht-Frauen dagegen schienen von Beginn der Situation nicht gewachsen zu sein, dass es nicht wie in den vergangenen Jahren gegen den erlesenen Wolfsburger Kader darum ging, Erfahrungen zu sammeln und den Schaden zu begrenzen, sondern wichtige Punkte im Kampf um die Europapokal-Qualifikation zu holen galt. Zumal das letztjährige, knapp nach Verlängerung verlorene Pokalfinale und das nach 2:0-Führung noch 2:3 verlorene Hinrundenspiel Anlass zur Hoffnung gaben.
Vor der Woche mit zwei Highlights gegen den Ersten und Zweiten hatten sich die Frankfurterinnen selbstbewusst gegeben, ihre Aufwärtsentwicklung in dieser Saison mit Resultaten gegen die Ligaelite unterfüttern zu können. Nun lautet die Acht-Tage-Bilanz aus den Partien bei Bayern München und gegen Wolfsburg: null Punkte, 3:8 Tore.
Vier Saisonspiele bleiben den Frankfurterinnen, um drei Punkte plus das deutlich schlechtere Torverhältnis gegenüber dem auf dem angestrebten Rang drei positionierten Turbine Potsdam aufzuholen. Ein Vorhaben, das angesichts eines noch ausstehenden direkten Duells in Brandenburg und des in Summe deutlich schwereren Potsdamer Restprogramms noch immer gut möglich erscheint.
Die Hoffnung, dass sich angesichts der Länderspielpause der Eintracht-Männer, bestem Frühlingswetter und einem sportlich reizvollen Duell mehr Zuschauer als gewöhnlich im Stadion am Brentanobad einfinden, hatte sich am Samstag bewahrheitet. Die gute Stimmung dämpfte freilich das frühe Gegentor von Jill Roord (9.), dem mangelndes Frankfurter Abwehrverhalten vorausging. Dies setzte sich fort bei Standardsituationen, eine bekannte Stärke der mit vielen großen Spielerinnen besetzten Wolfsburgerinnen.

Werktags um 6.30 Uhr
Weder bei Lena Lattweins Kopfballbogenlampe (14.), noch bei Roords zweitem Treffer konnte von zupackender Frankfurter Gegenwehr die Rede sein. Da müsse sich die Mannschaft „stärker wehren und mit allem, was man hat, reinschmeißen“ in die Duelle Frau gegen Frau, monierte Arnautis. Nationalstürmerin Freigang erwähnte vielsagend, dass es „anhand der Präsenz in der Box deutlich war, wer richtig hingeht und hochsteigt“ – nämlich die niedersächsischen Gäste.
Die üble Laune von Merle Frohms dürfte sich vor allem nach dem vierten Gegentreffer manifestiert haben. Da spielte der VfL im Strafraum regelrecht Katz und Maus mit der Eintracht, ehe Pauline Bremer den Ball freistehend über die Linie drücken konnte (45.). Und Frohms dürfte in diesem Moment den nahenden Tag herbeigesehnt haben, von dem an sie Gegentore dieser Art kaum mehr zu befürchten hat. Sie wechselt am Saisonende nach Wolfsburg.