Wenn Jürgen Klopp etwas nicht gefällt, sagt er es. So war es im Februar 2020. Seinerzeit scheiterte Champions-League-Sieger FC Liverpool schon im Achtelfinale der nächsten Kampagne in der Königsklasse. Das Hinspiel in Spanien gewann Atlético Madrid mit 1:0, im zweiten Duell gewann die Mannschaft von Diego Simeone 3:2 an der Anfield Road. Die Partie blieb nicht nur aus sportlichen Gründen unvergessen. Sie wurde zum Superspreader-Event zu Beginn der Corona-Pandemie. Während woanders die Stadien schon geleert waren, drängten sich in Liverpool noch mehr als 52.000 Fans zusammen.

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Klopp hat das Duell mit Atlético aber auch aus einem anderen Grund nicht vergessen. Wie es Simeone mag, verteidigte dessen Elf mit allem, was sie hat, und kam damit durch. Der defensive Stil ist das, was die „Colchoneros“ bekannt und berüchtigt gemacht hat. Dazu kommen Provokationen und eine beinharte Herangehensweise. Als die Stadien leer waren und man vieles, was auf dem Feld gesprochen wurde, hören konnte, gab Bayern-Spieler Thomas Müller die mehrheitsfähige Meinung wieder: „Wir spielen gegen Atlético Madrid, die größten Rabauken im europäischen Fußball.“
Im Februar 2020 ließ sich auch Klopp zu einer abwertenden Aussage gegen Simeone und die Seinen provozieren. Er beklagte nach dem Aus, dass Atlético gar keinen „richtigen Fußball“ spiele. Liverpool kennt unter Klopp nur eine Richtung, und die geht nach vorne. Das klappt selbstredend besser, wenn der Gegner mitspielt und bei Ballverlusten große Lücken offenbart. Wenn der Kontrahent aber einfach nur wartet, dass Liverpool angreift und das Spiel zerstört, ist das nicht ansehnlich, aber womöglich erfolgreich. Das wissen sie nicht nur in Madrid.
Manchester City baut Führung aus
Auch Antonio Conte ist kein Freund des offensiven Fußball-Hurrastils à la Klopp. Inzwischen ist er bei den Tottenham Hotspur gelandet und traf am Samstagabend im Topspiel der englischen Premier League an der Anfield Road auf Liverpool. Das Spiel endete 1:1. Das hätte beide Trainer nicht gänzlich glücklich machen können, denn es war ein Rückschlag in der finalen Phase der Saison in der englischen Meisterschaft. Die Laune von Klopp war dennoch getrübter als die von Conte, der mit Tottenhams Nordlondon-Rivalen FC Arsenal um den Einzug in die Champions League kämpft.
Die Qualifikation hat Liverpool längst erreicht. Für die „Reds“ geht es um höhere Ziele. Doch das Remis gegen Tottenham könnte der entscheidende Rückschlag im Titelrennen mit Manchester City gewesen sein. Die Mannschaft von Pep Guardiola traf an diesem Sonntag im eigenen Stadion auf Newcastle United und siegte deutlich mit 5:0. Dadurch hat City nun bei noch drei zu absolvierenden Partien drei Punkte Vorsprung. Ob Liverpool das noch aufholt? Es spricht nicht viel dafür; das Restprogramm von Manchester City erscheint keine großen Hürden mehr zu beinhalten.
Das Remis gegen Tottenham, bei dem Heung-min Son einen Konter zur Führung nutzte (56. Minute), ehe Luis Díaz für Liverpool ausglich (74.), könnte sich also bitter rächen. Die Spurs hatten nur 35 Prozent Ballbesitz, wussten damit aber etwas anzufangen. Beispielhaft war das Tor von Son. Mit schnellen Kombinationen gegen eine ungeordnete Liverpool-Abwehr nutzte Tottenham eine der wenigen Szenen in der gegnerischen Hälfte eiskalt aus. Liverpool gab sich mehr Mühe. Doch nur bei Díaz‘ abgefälschtem Schuss landete der Ball im Tor.
Klopp wurde später gefragt, ob er von der Defensive der Spurs beeindruckt sei. „Es tut mir leid, aber für sowas bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich mag diese Art von Fußball nicht. Aber das ist mein Problem“, sagte er. „Ich denke, sie sind Weltklasse. Und ich denke, sie hätten mehr für das Spiel tun sollen.“ Er könne so nicht spielen lassen, sagte Klopp und erinnerte sich dann an dunkle Tage vor gut zwei Jahren. „Atlético Madrid macht es auch so. Sie machen es gut, aber ich kann das nicht. Ich respektiere die Spielweise, aber das ist nichts für mich.“
Ganz andere Sorgen hat derweil Ralf Rangnick bei Manchester United. Der Teammanager, der bald Österreichs Nationalteam übernimmt, musste für den desolaten Auftritt des englischen Rekordmeisters am Samstag beim 0:4 bei Brighton & Hove Albion um Entschuldigung bitten. „Es war eine schreckliche Vorstellung, von der ersten bis zur letzten Minute. Wir können uns dafür nur entschuldigen. Die Leistung war nicht nur schlecht, sondern extrem schlecht“, sagte Rangnick. „Wir haben ihnen zu viel Zeit und Raum gelassen. Uns ist es nicht gelungen, ihren Spielfluss zu stoppen.“
Damit ist klar, dass die Champions League in der kommenden Saison ohne Manchester United gespielt wird. Die letzte rechnerische Chance auf die Königsklasse wurde sang- und klanglos verspielt. Bestenfalls geht es in die Europa League. Rangnicks Bilanz bei United ist nicht gut. Er gewann nur elf seiner bislang 28 Spiele als Verantwortlicher. In der neuen Saison wird er vom Niederländer Erik ten Hag, zurzeit noch bei Ajax Amsterdam, abgelöst. Allerdings will Rangnick parallel zu seinem Job in Österreich auch als Berater bei Manchester tätig sein.