Wieder einmal hatte Erling Haaland mit seinen drei Toren gegen den VfL Bochum einen neuen Rekord aufgestellt. In seinem 65. Spiel sind dem Torjäger seine Treffer 59 bis 61 gelungen, nie hat ein Bundesligaspieler so schnell die Schwelle von 60 Treffern erreicht. Und doch wurde Haaland am Ende dieses Fußballnachmittags genauso zornig ausgepfiffen wie der Rest der Dortmunder Mannschaft.
Mit 3:4 (2:2) hatte der BVB das kleine Revierderby gegen den VfL Bochum verloren, dessen Fans nicht nur einen denkwürdigen Sieg, sondern auch den Klassenerhalt feiern konnten. Das Bild der Bochumer stand in einem krassen Kontrast zu dieser Dortmunder Mannschaft, die auch jetzt, wo die Spieler vom ganz großen Druck befreit sind, einfach nicht stabiler werden. „Wenn man auf die Tabelle schaut und die 50 Gegentore sieht, ist relativ klar, was die Kernthematik ist“, sagte Trainer Marco Rose.
Es war ein wildes Spiel, das die beiden Teams und auch die Schiedsrichter dem Publikum vorsetzten. Bochum führte früh mit 2:0, weil der BVB sich wieder diese Nachlässigkeiten erlaubt hatte, die diese gesamte Saison prägen. Raphael Guerreiro und Dan-Axel Zagadou begünstigten Sebastian Polters 0:1 (3.). Im Vorfeld des 0:2 durch Gerrit Holtmann (8.) hob Guerreiro eine Abseitsposition auf und Witsel sowie Bellingham verpassten die Chance, den Torschützen enger zu bedrängen. Später, beim 3:3 von Jürgen Locadia ließ sich Manuel Akanji mit einer simplen Körperdrehung ausspielen (80.). Und für ihre eigenen Treffer erhielten sie Unterstützung aus dem Videokeller in Köln.
Zwei Mal wies der Videoassistent Tobias Welz seinen Kollegen Robert Hartmann auf Bochumer Handspiele im eigenen Strafraum hin, Haaland verwandelte die fälligen Elfmeter zum 1:2 (18.) und zum 2:2 (30.). Vorne hatten die Dortmunder jede Menge weitere Möglichkeiten, aber insgesamt fehlten Balance und Reife. Und das lag nicht daran, dass mit Jamie Bynoe-Gittens, 17, der nächste Teenager sein Startelfdebüt feiern durfte. Dem Engländer wird zugetraut, sich ähnlich gut zu entwickeln wie Jadon Sancho, der inzwischen bei Manchester United spielt. Bynoe-Gittens war gut ins Spiel integriert und lieferte einen hübschen vorletzten Pass auf Marco Reus vor Haalands drittem Treffer zum 3:2 (62.). Aber auch diesen Rückschlag verkrafteten die Bochumer, Locadia und Milos Pantovic per Handelfmeter (86.), drehten die Partie. „Das eine ist das Spiel zu verlieren“, sagte Julian Brandt, „das andere ist, sich am Ende ein bisschen schleifen zu lassen, das ist bitter.“
Und Haaland hatte am Ende zwar drei Tore geschossen, aber auch nach dieser Partie wird mehr über seine Zukunftspläne gesprochen als über seine Treffer. Es gab Spekulationen, denen zu Folge der 20 Jahre alte Torjäger seine Ausstiegsklausel spätestens an diesem letzten Tag des Aprils ziehen müsse, dem widersprach der Lizenzspielerchef Sebastian Kehl vor dem Anpfiff. An diesem Wochenende werde „nichts passieren“, sagte der künftige Sportdirektor des BVB, der in Transferfragen mittlerweile alle Fäden in der Hand hält.
Allerdings möchten die Dortmunder schon gerne bald Klarheit. Denn einerseits müssen sie sich um einen Nachfolger kümmern und andererseits würden sie gerne wissen, ob sie fest mit den Millionen planen können, die sie für einen Verkauf ihres Superstars bekommen würden. Für 75 Millionen Euro darf Haaland angeblich den Klub wechseln. „Wir sind in sehr guten Gesprächen, weil wir natürlich – und das wiederholen wir nahezu täglich – eine Entscheidung wollen“, berichtete Kehl, ohne zu erzählen, mit wem genau er verhandelt.
Denn nachdem in der vergangenen Woche schon Falschmeldungen über den Tod von Haalands schwer erkrankten Berater Mino Raiola veröffentlicht worden waren, kam nun während der Partie eine Bestätigung der Familie, dass der berühmte Agent tatsächlich verstorben ist. Wie in den Tagen mit der Situation Raiolas umgeangen wurde, sei „einfach nur widerlich“ gewesen, sagte Rose zu dieser traurigen Nachricht. Nun könne er einfach nur sein „Beileid aussprechen und der Familie Kraft geben.“