Oliver Glasner war zu Scherzen aufgelegt. Sein Team Eintracht Frankfurt hatte gerade das Europa-League-Finale erreicht, die große und ausgelassene Party vor 48.000 Zuschauern begann direkt im Anschluss. Seinem Trainerkollegen David Moyes, der mit West Ham United nicht nur 0:1, sondern auch kurzzeitig die Beherrschung verloren hatte, ging es dagegen nicht so gut: Halbfinal-Aus und Rote Karte, es war ein unangenehmer Abend.
Trotzdem erlaubte sich der Österreicher Glasner am späten Donnerstagabend einen Scherz über den Engländer. „Man sieht, dass David Moyes technisch nicht ganz so versiert ist wie ich. Das ist vielleicht, weil er ein paar Jahre älter ist“, sagte Glasner über die Aktion des West-Ham-Coaches, der mit dem Ball auf ein Ballkind schießen wollte, dieses aber mit einem wuchtigen Schuss klar verfehlte.
„Das war eine unnötige Aktion, das weiß er selbst. Aber ich will mich jetzt nicht über einen Kollegen äußern“, erklärte Glasner, obwohl er es schon gemacht hatte nach dessen Ausraster mit Platzverweis in der 78. Spielminute. Der Österreicher selbst hatte in dieser Saison schon eine ähnliche Aktion. Beim Gruppenspiel bei Olympiakos Piräus im vergangenen Jahr drosch Glasner einen Ball ins Publikum.
Moyes bat im Anschluss an die Partie für sein Verhalten um Entschuldigung. Allerdings übte er Kritik an den Kollegen der Eintracht. Er sei „sehr enttäuscht von der Reaktion der Bank“, erklärte der Engländer nach dem Spiel. „So kann man nicht reagieren. Ich hoffe, meine Bank würde das nicht tun.“ Dabei ging es allerdings nicht um seinen Platzverweis, sondern den für seinen Abwehrspieler Aaron Cresswell. Der Schiedsrichter hatte nach dessen Foul an Jens Petter Hauge zunächst Gelb gezeigt. Erst auf Protest der Frankfurter und Hinweis des Videoassistenten wurde daraus Rot.
Referee Jesús Gil Manzano aus Spanien hatte Moyes nach dessen Fehlverhalten sofort die Rote Karte gezeigt. Moyes zeigte sich über das Ergebnis „enttäuscht, aber sehr stolz auf die Spieler, wie wir mit zehn Mann gespielt haben“. Sportlich gratulierte der Trainer des Premier-League-Klubs dem Rivalen, der nun am 18. Mai im Europa-League-Finale auf die Glasgow Rangers trifft. „Großes Lob an Frankfurt, sie haben es großartig gemacht“, sagte Moyes.
Der erste internationale Finaleinzug seit 42 Jahren schön und gut, einen freien Tag haben die Profis von Eintracht Frankfurt dafür aber nicht bekommen. „Ich bleibe mal bei heute Abend und werde mir auch das eine oder andere Gläschen gönnen. Aber um 12.00 Uhr machen wir einen lockeren Waldlauf, die Jungs haben ein bisschen was auszuschwitzen“, kündigte Glasner in der Nacht zum Freitag grinsend an.
Man habe auch nach dem Weiterkommen beim FC Barcelona schon gefeiert, beteuerte Glasner. „Ich weiß nicht, was die Spieler machen, sind ja alles erwachsene Kerle“, sagte der Österreicher. Die beiden übrigen Bundesliga-Spiele gegen Borussia Mönchengladbach am Sonntag (15.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei DAZN) und beim FSV Mainz 05 am 14. Mai dürften nun nur noch ein Aufgalopp für das große Endspiel werden.
Eintracht Frankfurts Einzug ins Finale der Europa League hat RTL derweil wieder eine Topquote beschert. Bis zu 6,63 Millionen Zuschauer sahen am Donnerstagabend die Übertragung des Kölner TV-Senders vom 1:0-Erfolg des Bundesligavereins im Halbfinal-Rückspiel gegen West Ham United.
Dies entsprach einem Marktanteil von 28,9 Prozent. Damit wurde sogar die Zahl von 6,37 Millionen Interessierten aus dem Hinspiel eine Woche zuvor übertroffen. Das Halbfinal-Ausscheiden von RB Leipzig bei den Glasgow Rangers war bei RTL+ und im Stream zu sehen. Auch im Viertelfinale hatte der Sender beide Eintracht-Duelle mit dem FC Barcelona im Free-TV ausgestrahlt.