Eine gelungene Generalprobe sieht anders aus. Vieles von dem, was die Eintracht in mitreißenden Momenten auszeichnet, hat sie gegen Hoffenheim nicht gezeigt. Die Frankfurter verpassten damit eine Gelegenheit, zusätzlichen Schwung aufzunehmen für das wichtige Duell in der Europa League, bei dem der Grundstein gelegt werden soll, um die Klub-Geschichte durch einen weiteren Pokalsieg zu bereichern.
Im Halbfinale steht die erste Partie bei West Ham United an. Die Eintracht wird sich mächtig steigern müssen, wenn sie im Hinspiel die Chance wahren möchte, sieben Tage darauf vor eigener Kulisse den Finaleinzug zu realisieren. Gegen die TSG zog sie ihr Pressing zu selten aggressiv durch. Zu wenige Sprints wurden in tiefe Läufe verwandelt, mit denen sich die Verteidigerkette hätte auseinanderziehen lassen.
Die Eintracht tut sich prinzipiell schwer, wenn sie gefordert ist, Ballbesitz in Raumvorteile und Torabschlüsse umzuwandeln. Darauf gilt es bei der Planung des künftigen Kaders zu reagieren. Ihre Bundesliga-Bilanz in Frankfurt ist ernüchternd. Blieb sie im Vorjahr zu Hause ungeschlagen, steht sie nach dem 31. Spieltag bei 18 Punkten; einzig die Abstiegskandidaten Stuttgart, Hertha und Bielefeld sowie die hoffnungslos ins Hintertreffen geratenen Fürther sind schlechter.
Um die Saison zu einem erfolgreichen Ende zu führen und die Klub-Devise „Im Herzen von Europa“ weiter mit Leidenschaft ausleben zu können, muss der Bundesliga-Neunte West Ham ausschalten, um im Endspiel von Sevilla dabei sein und dort dann nach den Sternen greifen zu dürfen.
Zuzutrauen ist den Spielern, das lehrten sie zur Genüge, dass sie bei der Festspiel-Show auf der großen Bühne auf Kommando über sich hinauswachsen werden. Körperlich macht die Mannschaft einen soliden Eindruck. Glasner bewies mit seinen Einwechslungen Fingerspitzengefühl; er gab den Angeschlagenen Luft zum Durchschnaufen oder Trittfassen.
Mit Trapp, Hinteregger, Rode und Kostic verfügt die Elf über eine stabile Achse. Daneben wird es darauf ankommen, wie Kamada, Lindström und Borré offensiv Akzente setzen. Dass sie dazu in der Lage sind, haben sie gegen Barcelona bewiesen. Der Triumph wirkt bis heute nach und sorgt dafür, dass Mitgliedsanträge aus aller Welt den Klub erreichen. Die globale Reputation der Eintracht hat sich schlaglichtartig verbessert. Heißt aber auch: West Hams Sinne werden geschärft sein.
Mit einer Nachlässigkeit des Gegners, wie zunächst bei Barça, sollten die Frankfurter nicht rechnen: Sie müssen Stärke und Behauptungswillen zeigen. Bislang hat die Eintracht nach frustrierenden Erlebnissen in der Liga stets durch Highlights in der Europa League aufhorchen lassen. So gesehen, lässt sich auch der Verlauf des Samstags als gutes Omen für den Donnerstag in London interpretieren. In der Liga haben Glasner und Co. nichts mehr zu verlieren. Daher kann es für sie international nur ein Motto geben: Alles oder nichts!