Jürgen Klopps Stimme überschlug sich fast, als er das wilde Spiel seines FC Liverpool bewertete. Nach dem 3:1 im Hinspiel im Viertelfinale der Champions League bei Benfica Lissabon gab es ein 3:3 an der Anfield Road. Das reichte zum Einzug ins Halbfinale, kostete aber Nerven. Das war Klopp letztlich völlig egal. „Ich könnte nicht glücklicher sein. Wenn der Tag irgendwann kommt, dass sich meine Mannschaft fürs Halbfinale qualifiziert und ich freu‘ mich nicht wie ein kleines Kind, dann kommt bitte vorbei und schmiert mir einfach eine. Das wäre ja kompletter Wahnsinn“, sagte er bei DAZN.
Handgreiflich gegen den deutschen Trainer des Liverpool Football Club musste am Mittwochabend niemand werden. Klopp freute sich. Seine Spieler freuten sich. Und die Fans auch. Der Weg allerdings war nervenaufreibender als erhofft. Und das lag nach eigener Aussage am Trainer. „Alles, was heute an negativen Dingen passiert ist, war absolut meine Schuld.“ Klopp setzte nach dem Topspiel-Spektakel gegen Manchester City am vergangenen Sonntag gleich sieben Stars auf die Bank: Trent Alexander-Arnold, Virgil van Dijk, Andrew Robertson, Thiago, Fabinho, Mohamed Salah und Sadio Mané.
„Aus meiner Sicht musste ich das tun“, rechtfertigte Klopp seine Personalauswahl. „Es passiert dann automatisch, dass sich eine komplett neu zusammengestellte Abwehr in gewissen Momenten ein bisschen rostig anfühlen kann.“ Dazu sei der Spielverlauf gekommen. „Wir waren durch mit dem 3:1. Wir müssen nicht so tun, als hätte noch irgendeiner daran geglaubt, dass die ganze Geschichte hier noch knapp würde.“ Wie im Hinspiel brachte der frühere Leipziger Ibrahima Konaté Liverpool nach einer Ecke per Kopf in Führung (21. Minute). Der Ausgleich für Benfica gelang diesmal Gonçalo Ramos (32.).
„Das ist alles andere als cool“
Nach der Halbzeitpause erzielte der ehemalige Hoffenheimer Roberto Firmino das 2:1 für die „Reds“ (55.) und legte zehn Minuten später nach (65.). Die Liverpooler Torschützen waren allesamt unter den Neuen, die Klopp für die geschonten Spieler auf den Rasen schickte. Wohl dem, der solch eine exquisite Auswahl hat. Dann trafen Roman Yaremchuk (73.) und Darwin (82.) zum 3:3. Benfica brauchte zwei Tore zur Verlängerung. „Das ist natürlich alles andere als cool“, sagte Klopp zur Schlussphase, die nicht wie erhofft verlief. Benfica traf gar nochmal, aber Darwins Treffer wurde wegen einer Abseitsstellung nicht anerkannt.
Und so durften am Ende des Abends von Anfield alle irgendwie zufrieden sein. „Die (Benfica/d. Red.) waren hier, um Spaß zu haben, den haben sie gehabt. Trotzdem sind wir weiter. Und das ist cool“, sagte Klopp. Im Halbfinale geht es am 27. April daheim gegen Bayern-Bezwinger Villarreal, ehe die Entscheidung um den Einzug ins Endspiel am 3. Mai in Spanien fällt. „Wer Juventus und die Bayern rauswirft, der muss im Halbfinale stehen“, sagte Klopp. „Trainer Unai Emery ist der König der Pokalwettbewerbe, unglaublich, was er abzieht. Die werden einen klaren Plan haben. Und wir auch.“
Vor der Champions League stehen auf dem Spielplan aber der FA-Cup und die Premier League. Schon am Samstag (16.30 Uhr bei DAZN) kommt es zum Wiedertreffen der Giganten. Klopp freut sich trotz des dichten Programms auf Manchester City. „Das wird interessant, weil City es richtig gut gemacht hat“, sagte er mit Blick zurück auf das Remis in der Liga vom Sonntag. „Bei uns waren nicht alle Leistungen so, wie wir es spielen können.“ Ein bisschen Sorge macht ihm das Spielfeld in Wembley: „Das Platz ist riesengroß, da musst du einen Haufen Gras verteidigen. Aber Lust hab ich auf jeden Fall.“
Die dürfte auch Pep Guardiola verspüren. Zunächst jedoch müssen er und die Seinen sich von einem schweren Abend in Madrid erholen. Nach dem 1:0 im Hinspiel reichte ein torloses Remis bei Atlético zum Einzug ins Halbfinale. Wie erwartet entstand ein enorm hitziges Duell. Am Ende gab es eine Rudelbildung und 13 Minuten Nachspielzeit. Der deutsche Schiedsrichter Daniel Siebert verteilte bei dieser hochanspruchsvollen Aufgabe noch die Gelb-Rote Karte für Atléticos Felipe. „Wir wussten, dass es nicht leicht ist, hier zu spielen. Hier herrscht eine hitzige Stimmung“, sagte City-Verteidiger John Stones.
Das wusste auch Guardiola vorher. „Dieser Gegner ist stark. Alle Champions-League-Teams kommen hierher und leiden“, sagt der Coach, der Atlético aus Barcelona-Zeiten gut kennt. „Es ist wichtig, dass wir weitergekommen sind.“ Nun wartet der einstige Erzrivale Real Madrid auf den Katalanen. Es wird ein Duell der Fußballschwergewichte. Manchester City hat am 26. April Heimrecht, auch in diesem Duell fällt die Entscheidung in Spanien, am 4. Mai. Dann wartet das Finale am 28. Mai in Paris. Engländer und Spanier sind in der Königsklasse nun unter sich. Und die Bundesliga schaut wieder neidisch zu.