Knapp eine halbe Stunde Minuten lang erlebten die 22.000 Zuschauer ein großartiges rheinisches Derby zwischen Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln mit tollen Szenen vor beiden Toren, bis sich nach einer pandemischen Ewigkeit auch am Rhein wieder einmal die Schattenseiten eines gut gefüllten Stadions zeigten. Florian Wirtz, der momentan vielleicht aufregendste Spieler der Bundesliga, der in diesem Jahr in eine wichtige Rolle in der Nationalelf hineinwachsen sollte, lag zusammengekrümmt auf dem Rasen.
Mit den Armen verdeckte er sein Gesicht, alle konnten sehen, dass der 18 Jahre alte Mittelfeldspieler sich nach einem Zweikampf mit Luca Kilian schwer am Knie verletzt hatte, ein langer, langer Ausfall droht. Die Befürchtung bestätigte sich am Abend des Spieltags. Wirtz habe sich einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie zugezogen, teilte sein Klub mit. Dies sei das Ergebnis einer MRT-Untersuchung. Ob die WM-Teilnahme des deutschen Nationalspielers in Gefahr ist, war zunächst unklar. Das Turnier beginnt am 21. November in Qatar.
Von den Kölner Fans wurde dieser wunderbare und nun womöglich weinende Spieler, der in der Nachwuchsakademie des FC ausgebildet worden war, auf dem Spielfeld wüst beschimpft und verspottet. „Das ist nicht in Ordnung. Das ist nicht okay. Das ist unnötig“, betonte Kölns Trainer Steffen Baumgart. Wirtz musste sich vom Platz tragen lassen, dem empathischeren Teil des Publikums saß der Schreck in den Gliedern, und ein Schatten lag über dem Spiel, das immer zerfahrener wurde und schließlich mit einem etwas glücklichen 1:0-Auswärtssieg für Köln endete.
Besonders Freunde von harten Zweikämpfen an den Grenzen des Regelwerks konnten ihre Freude an dieser Partie haben, und es gab auch weiterhin interessante Torszenen. Leverkusen war fußballerisch etwas besser, aber den Kölnern war es gelungen, die Partie in ein hart geführtes Kampfspiel zu verwandeln. Zum eigenen Vorteil.
Schindler trifft für Köln zum Sieg
Strukturierte Spielzüge wurden immer seltener. Ständig kochten die Emotionen hoch, und nachdem der eingewechselte Kölner Kingsley Schindler in der 67. Minute eine tolle Vorlage des ebenfalls eingewechselten Dejan Ljubicic zum Siegtreffer für das Team von der anderen Rheinseite nutzte, nahm dieser bittere Nachmittag für Bayer Leverkusen endgültig Formen an. Zumal der im Winter von Zenit St. Petersburg verpflichtete Stürmer Sardar Amzoun zwei wunderbare Chancen zum Ausgleich ziemlich kläglich vergab.
Man befinde sich in einer richtungsweisenden Phase, in der die Weichen für die nähere aber auch für die mittelfristige Zukunft gestellt werden, hatten die Leverkusener jüngst verkündet. Eingerahmt wird dieses Derby der Werkself ja von den Europa-League-Duellen gegen Atalanta Bergamo, an diesem Donnerstag müssen sie eine 2:3-Niederlage aus dem Hinspiel aufholen, um ins Viertelfinale des Wettbewerbs einzuziehen.
Und in der Bundesligatabelle machen Klubs wie Leipzig, Hoffenheim und Freiburg Druck von hinten, die Qualifikation für die kommende Champions-League-Saison – das zentrale Saisonziel – wird noch viele gute Leistungen erforderlich machen. „Ich glaube, dass diese wichtigen Spiele ein ganz wichtiger Schritt sind, um zu lernen, um diese Mannschaft weiterzubringen“, sagte Trainer Gerardo Seoane vor dem Anpfiff. Nun gelte es, „mit der Situation zurecht zu kommen, mit dem Druck“. Da wusste Seoane aber noch nichts von der Schwere der Verletzung von Wirtz, die die Chancen in allen Wettbewerben deutlich schmälern wird.