Heimspiele im Stadion am Brentanobad waren in den vergangenen Jahren, egal ob der 1. FFC oder die Eintracht dort spielten, oft wenig stimmungsvolle Veranstaltungen. Zumal wenn die Gegner aus dem Souterrain der Bundesliga zu Gast waren, verloren sich oft nur wenige Hundert Zuschauer auf den Rängen. Das Thema, wie man das Produkt attraktiver gestalten und mehr Besucher in die Stadien locken könnte, ist brandaktuell im deutschen Frauenfußball. Und nicht wenige haben die Hoffnung, dass Frankfurt und die Eintracht Schrittmacher einer Aufwärtsbewegung sein könnten. Indem am Main vom großen Fanpotential des Männerteams auch neues Publikum für das Frauenteam gewonnen werden kann (was beispielsweise bei Bayern München seit Jahren nicht gelingt).

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Dass dies bislang nicht geglückt ist, kann man nicht ausschließlich mit der Corona-Situation erklären. Als Fußball-Ausflugsziel für die ganze Familie mit entspannter Anreise, überschaubaren Ticketpreisen und schmuckem kleinen Stadion müssten sich die Heimspiele eigentlich vermarkten lassen. Zumal mit Eintracht-Adler auf den Trikots eine junge Mannschaft stets hingebungsvollen und überwiegend attraktiven Offensivfußball anbietet.
Das Angriffs-Trio der Frankfurterinnen ist eine Attraktion der Liga. Mit Lara Prasnikar, Laura Freigang und Nicole Anyomi sind an vorderster Front drei Profispielerinnen am Werk, die selbst auf einen Topgegner wie den VfL Wolfsburg an diesem Samstag (13.00 Uhr live auf hessenschau.de und bei MagentaSport) respekteinflößend wirken dürften. „Im Spiel mit dem Ball sind sie da vorne eine Wucht, ja ein Trumpf für uns“, sagt SGE-Cheftrainer Niko Arnautis.
Der Deutschgrieche spricht mit Blick auf seine Qualität und Variabilität vorne von einem „Angriffs-Quintett“. Denn mit Shekiera Martinez (fünf Tore, drei Vorlagen) hat er noch eine abschlussstarke Tempomacherin, die meist von der Bank kommt. Nach fast einjähriger Pause aufgrund eines Kreuzbandrisses hat sich auch die Schweizerin Geraldine Reuteler gerade wieder in den Spieltagskader gearbeitet. Gemeinsam haben die Offensivkräfte 26 der bisherigen 36 Saisontreffer erzielt.
Führung zur Halbzeit in München
Erste Wahl sind Prasnikar (neun Tore, fünf Vorlagen), Freigang (neun Tore, fünf Vorlagen) und die erstarkte Anyomi (drei Tore, eine Vorlage). Die Slowenin Prasnikar ist mehr eine klassische Torjägerin in der vordersten Spitze, dazu sehr laufstark und hochprofessionell. Sie sagt: „Unsere größte Stärke ist unsere Vielseitigkeit. Jede von uns hat eine eigene Spielart und bringt ihre individuellen Fähigkeiten ein. Das zeichnet uns aus.“ Coach Arnautis hat das System mit drei Spitzen seit der Sommervorbereitung einstudieren lassen. „Wir wollen von diesen tollen Offensivspielerinnen im Kader möglichst viele gleichzeitig auf dem Feld haben“, sagt er.
Bei Meister Bayern München führten die viertplatzierten Frankfurterinnen vergangene Woche zur Halbzeitpause 2:1. Laura Freigang ließ bei ihrem traumhaft schönen Treffer ihre ganze Klasse aufblitzen, Nicole Anyomi bestätigte mit ihrem Treffer ihren Lauf – nur stand am Ende eine 2:4-Niederlage zu Buche. Nach langer Verletzungspause – die Blessur brachte sie bei ihrem Wechsel nach Frankfurt im Sommer mit – kam Anyomi unlängst bei den Länderspielen der deutschen Nationalmannschaft mächtig in Fahrt.
Und ist mit ihrer „brutalen Dynamik“ (Arnautis) auch für die Eintracht ein großer Gewinn geworden. Anyomi ist so ein bisschen die Freestylerin im Angriffs-Trio, die oft und viel auch ihrem Instinkt folgt. „Eine wirkliche Arbeitsteilung haben wir gar nicht – das macht uns so variabel. Wir müssen entsprechend im Spiel sehr genau aufeinander achten, um im richtigen Moment auch die richtigen Räume zu finden“, erzählt Prasnikar.
Laura Freigang verdingt sich mehr als hängende Spitze, die dann situativ mit in die Tiefe geht. Zuletzt sah man die Nationalstürmerin neben guten Aktionen auch oft mit sich und der Fußballwelt hadern. Die Ansprüche sind gestiegen, persönlich bei den Spielerinnen und auch im Klub, der die Qualifikation für die Champions League anstrebt. Im Kampf um Europa ist das Match gegen Tabellenführer Wolfsburg kein Bonusspiel, sondern die SGE steht durchaus unter dem Zwang zu punkten. Die starke erste Halbzeit bei den Bayern und die erfolgreiche Heimbilanz sollten Mut machen.
Bleibt die Frage, wie viele Zuschauer nun in das Stadion kommen werden. Die Zahl dürfte ein guter Gradmesser werden angesichts der Länderspielpause bei den Männern, bestem Wetter und einer sportlichen Konstellation, welche entscheidend sein kann, ob auch die Frauen demnächst mal den FC Barcelona oder den FC Chelsea zu Gast haben werden.