Der FFC Frankfurt und die Eintracht haben es vor zwei Jahren auf höchstem Niveau vorgemacht, in Mainz beschreiten zwei Vereine einen ähnlichen Weg. In einem Jahr wird ein etablierter Name von der Landkarte des deutschen Frauenfußballs verschwinden – und ein neuer den Platz einnehmen.
Dann wird statt des TSV Schott Mainz, seit 2009 mit einer eigenen Abteilung am Start, der FSV Mainz 05 in den Spielplänen und Tabellen stehen. Und das mit Ambitionen, mittelfristig in die Zweite Bundesliga zurückzukehren, in der die Schott-Frauen von 2015 bis 2018 schon einmal kickten. „Später kann auch die Erste Liga ein Thema werden“, sagt 05-Sportvorstand Christian Heidel.
„Eine prima Sache“
Das sind Ziele, die der kleinere Nachbar aus eigener Kraft nicht mehr angehen könnte, wie dessen Manager Till Pleuger einräumt. „Seit die Zweite Liga eingleisig geworden ist, hat der DFB die Richtung so vorgegeben, dass fast nur noch Profiklubs die Bundesligen bespielen können“, sagt er. Ein Amateurverein habe diese Möglichkeiten kaum noch, auch nicht der professionell aufgestellte größte rheinland-pfälzische Breitensportverein.
Deshalb handele es sich beim Wechsel der Frauenfußballabteilung unter das Dach der 05er auch nicht um eine feindliche Übernahme, betont Christian Heidel, „sondern es war ein von beiden Seiten geäußerter Wunsch. Für uns ist das eine prima Sache, eine Sparte, die wir bisher nicht bedient haben. Und der TSV Schott wird uns beratend zur Seite stehen und helfen, möglichst eine neue Erfolgsgeschichte zu schreiben“.
„Diese Entscheidung war überfällig“
„Zu uns als Fußballverein gehört es, Mädchen und Frauen die Möglichkeit zu geben, unter unserem Dach zu spielen“, sagt 05-Vorsitzender Stefan Hofmann. „Diese Entscheidung war überfällig.“ Sportvorstand Heidel gibt auf die Frage, warum der Bundesligaklub sich auf neues Terrain wagt, eine einfache Antwort: „Weil wir es wollen.“ Das Thema sei schon während seiner ersten Zeit als Manager am Bruchweg aufgekommen, und er habe damals prognostiziert, die Entwicklung laufe darauf hinaus, dass die Frauen-Bundesligamannschaften in Profiklubs angesiedelt sein würden.
Gleichwohl sei er dagegen gewesen, mit einem eigenen Frauenteam in Konkurrenz zum TSV Schott zu treten. „Wahrscheinlich hätten wir den längeren Atem gehabt“, doch der Respekt vor der Arbeit des Nachbarn habe einen solchen Schritt verboten. Kooperationsgespräche gab es schon vor mehreren Jahren, die schliefen aber irgendwann ein. Bis sich die Verantwortlichen entschlossen, Dornröschen wachzuküssen.
Heidel hofft auf Signalwirkung
Der Verzicht auf den eigenen Namen ist der saure Apfel, in den die Schottler für die Eheschließung mit dem potenten Partner beißen müssen. „Eine Spielgemeinschaft wäre der Königsweg gewesen“, sagt Pleuger – aber Doppelnamen lassen die DFB-Statuten auf diesem Niveau nicht zu. Schon in der nächsten Saison beginnt die zunächst auf fünf Jahre angelegte Kooperation, was sich auch darin ausdrückt, dass der 05-Hauptsponsor auf den Trikots der Noch-Schott-Frauen werben wird.
Heidel sieht das neue Modell als Signal für Spielerinnen aus der Umgebung mit höheren Ambitionen. „Es gibt keinen Grund mehr, die Stadt und die Region zu verlassen, um Fußball zu spielen“, sagt er. Tatsächlich sei es in den vergangenen Jahren schwierig geworden, talentierte Spielerinnen zu finden, die wissen, „dass die Regionalliga bei uns das Ende der Fahnenstange ist“, bedauert Pleuger.
Mit dem Knowhow seines Klubs, der beispielsweise die heute in Frankfurt aktive Nationalspielerin Laura Freigang hervorgebracht hat, und dem finanziellen Hintergrund der neuen Heimat soll sich das ändern. Selbstverständlich müsse die Zusammenarbeit mit einem höheren Etat der Mannschaft einhergehen, sagt Christian Heidel. „Das ist ja selbsterklärend, wenn der Aufstieg unser Ziel ist. Wir möchten helfen, die Mannschaft stärker zu machen, um dieses Ziel möglichst schnell zu erreichen.“
Und was sagen die Spielerinnen, die zur übernächsten Saison ihre blauen gegen rot-weiße Trikots tauschen werden? „Wir haben uns alle mega gefreut, als wir davon erfahren haben“, sagt Heiðrún Sigurðardóttir, die isländische Kapitänin der Regionalligamannschaft. „Ich fühle mich geehrt, und gerade für die Mädels aus Mainz ist das ein großer Traum.“