Gänzlich ist das deutsche Wort „Blitzkrieg“ noch nicht von der Website des amerikanischen Fußballklubs German American Kickers verschwunden. Bei der Vorstellung des Präsidiums findet sich noch ein kleiner Hinweis auf den Ausgangspunkt der Auseinandersetzung, die in den vergangenen Tagen in den Sozialen Medien zu einem Sturm der Entrüstung geführt hat.
Unter der Kurzbiografie des Technischen Direktors steht, dass er gleichzeitig auch Assistenztrainer der U 12-Jungenmannschaft mit dem Rufnamen „Blitzkrieg“ sei. Ein Wort, das nicht nur, aber besonders in Deutschland sofort zu Assoziationen mit der Barbarei des Nationalsozialismus führt. Und gerade jetzt, während des russischen Überfalls auf die Ukraine, als Spitznamen einer Sportmannschaft ziemlich verstörend wirkt.
Deshalb hat der Fußball-Bundesligaklub VfB Stuttgart, Kooperationspartner der German American Kickers (GAK) im Nachwuchs, den Verein aus Trenton im amerikanischen Bundesstaat New Jersey aufgefordert, die Mannschaft umzubenennen und den Begriff im Internet-Auftritt zu löschen. Erst über einen Beitrag auf Facebook hatte der VfB am 27. März von dem zweifelhaften Rufnamen erfahren, den die U 12 schon seit fünf Jahren trägt. „Der Name ist unpassend. Wir haben das unserem Partner vermittelt und der hat in unserem Sinne gehandelt“, sagt VfB-Marketingvorstand Rouven Kasper, „das U 12-Team heißt nun Crocodiles.“ In Anlehnung an das Stuttgarter Maskottchen Fritzle, ein Krokodil.
Die GAK, 1962 aus der Fusion der deutschen Klubs Liederkranz SC und Aurora hervorgegangen, haben das Problem also einigermaßen humorvoll und schnell aus der Welt geschafft. Aber so recht verstanden haben sie in den Vereinigten Staaten die ganze Aufregung im entfernten Stuttgart nicht, gibt Paul Bette zu. Der Präsident der GAK sagte der F.A.Z., dass es in den Vereinigten Staaten zahlreiche Mannschaften gebe, die sich Blitzkrieg nennen. „Die meisten Amerikaner wissen nicht, was das Wort auf Deutsch bedeutet und was der historische Kontext ist, auch bei uns nicht.“
„Songtext hat nichts mit Krieg zu tun“
Deshalb dachten die Klubverantwortlichen auch an nichts Böses, als sie auf Facebook ein Bild ihrer U 12 zeigten. Zu sehen sind schüchtern lächelnde Buben im traditionellen weißen Trikot des VfB mit dem roten Brustring. Der Verein titelte dazu: „Unsere U 12 Jungs GAK Blitzkrieg nach ihrem VfB-Stuttgart-Training.“ Präsident Bette erzählt, dass sie alle stolz seien auf die Zusammenarbeit. „Wir profitieren sehr von der großen Erfahrung und den Trainingsinhalten, die sie uns digital und in Präsenz vermitteln.“
Aber auch die Stuttgarter könnten profitieren, indem sie ihren Namen in dem weltweit umkämpften New Yorker Markt bekannter machen. Die Aufforderung des VfB, den Namen zu ändern, wurde gleich befolgt, fügt Bette hinzu, „weil es für unseren neuen Partner möglicherweise beleidigend war.“ Begreiflich ist ihm die ganze Sache bis heute nicht. Der Name Blitzkrieg gehe auf ein Lied der amerikanischen Punkrockband „Ramones“ aus den Achtziger Jahren zurück, sagt er. „Blitzkrieg Bop“. Es wird auch häufig in Deutschland gespielt („Hey ho, let’s go“). Bette ist überzeugt: „Der Songtext hat überhaupt nichts mit Krieg zu tun.“
Noch am Tag des Facebook-Eintrags hatte es eine digitale Trainersitzung gegeben. „Die Trainer der GAK waren von dem Shitstorm total überrascht“, betont Sebastian Schächter. Er ist Gründer von Schächter Sports, einer Agentur, die in der Bundesliga nicht nur dem VfB ausländische Kooperationspartner vermittelt und sie auch inhaltlich begleitet. Schon Ende Februar, bei der ersten Trainerweiterbildung, sei ihm der Rufname begegnet, sagt Schächter der F.A.Z. „Es war mein Fehler, dass ich das damals nicht noch energischer verfolgt und sofort eine Änderung verlangt habe.“
Die Causa „Blitzkrieg“ öffnet den Blick auf die Auslandskooperationen der Bundesliga-Klubs. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) zahlt Fördergelder an die Vereine, wenn sie mit internationalen Fußballklubs zusammenarbeiten. Es geht bei den meisten Erstligisten nicht unbedingt um eine Eliteförderung, sondern darum, den interkulturellen Austausch zu pflegen und moderne Trainingsformen sowie eine profunde Trainerausbildung auch im Ausland zu etablieren.
Geschichtliche Exkurse für GAK
Der Stuttgarter Marketing-Vorstand Kasper ist da so etwas wie ein Pionier. Er hat für den FC Bayern einst das Asien-Büro in Schanghai aufgebaut und später das gesamte Asien-Pazifik-Geschäft des Rekordmeisters verantwortet. Während München Fußballschulen aufbaut, um Begabte zu fördern und vielleicht später an den Klub zu binden, steckt das Auslandsengagement des VfB noch in den Kinderschuhen. „Wir können uns auch vorstellen, irgendwann feste Fußballschulen im Ausland zu gründen“, sagt Kasper.
Aber im Moment gehe es vor allem darum, die Marke VfB Stuttgart in den relevanten Märkten zu platzieren. Da hilft es in den USA, dass der VfB-Cheftrainer Pellegrino Matarazzo nur eineinhalb Stunden von Trenton aufgewachsen ist. Er hat sich auch schon mit amerikanischen Sportjournalisten ausgetauscht. „Ein Auslandsengagement verlangt von beiden Seiten Sensibilität und Rücksicht auf kulturelle Unterschiede“, sagt Kasper.

Samstags um 9.00 Uhr
Um weitere Missverständnisse zu vermeiden, sollen künftig nicht nur fußball-fachliche Themen auf dem Plan stehen, sondern es soll auch geschichtliche Exkurse geben. So werde in zwei, drei Wochen ein deutscher Historiker den Klubverantwortlichen der GAK die deutsche Sichtweise auf das Thema Blitzkrieg näherbringen.
„Es tut uns sehr leid, dass es so einen Aufschrei in Deutschland gegeben hat“, sagt Präsident Bette zum Schluss. Sie seien ein Verein, in dem die ethnische und religiöse Herkunft keine Rolle spiele. „Wir sind ein familiärer Klub, der jungen Spielern auch aus sozial benachteiligten Familien eine fußballerische Ausbildung ermöglichen will.“ Eine Botschaft ist ihm besonders wichtig: „Wir werden den Spitznamen Blitzkrieg in jedem Fall nicht mehr verwenden.“