An diesem Dienstag kehrt er in den Stand-by-Modus zurück. Als aufmerksamer Beobachter des Fußball-Klassikers Niederlande gegen Deutschland in der Amsterdam-Arena. Dann wird Kevin Trapp, der Torhüter der Frankfurter Eintracht, diesem Länderspiel genauso konzentriert zuschauen wie dem am Samstag in Sinsheim gegen Israel.
Mit einem großen Unterschied: Vor drei Tagen wusste der 31 Jahre alte Saarländer, als er in der ersten Hälfte wie jetzt wieder auf der Wechselbank saß, längst, dass seine Zeit, also sein sechster Einsatz für die erste Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes, in den zweiten 45 Minuten kommen würde. Da ersetzte er den bis dahin beschäftigungslosen Kollegen Marc-André ter Stegen, während der am Sonntag 36 Jahre alt gewordene Stammtorhüter Manuel Neuer von der Bank aus seinen beiden Stellvertretern wohlwollend zusah.
Trapp hat seinen Kurzeinsatz genutzt, als er beim 2:0-Sieg das eine Mal wirklich gefordert war: in der zweiten Minute der Nachspielzeit einer im großen Ganzen einseitigen Begegnung. Hatte er zuvor nur einen Ball, der direkt auf ihn zukam, locker abgefangen, winkte ihm nun die ultimative Auszeichnungschance. Es standen sich nach Nico Schlotterbecks ungeschicktem Foul am Elfmeterschützen Yonatan Cohen und der auf den Punkt fixierte Trapp gegenüber.
Cohen schoss hart, halb hoch und platziert aufs linke Toreck; Trapp flog, blitzschnell und elegant zugleich in seine rechte Torecke und parierte den Ball, den er mit beiden Händen an sich abprallen ließ. Eine Szene hatte genügt, um den 1,89 Meter langen, oft spektakulär parierenden Keeper zu einem kleinen Helden einer freundschaftlichen Begegnung zu machen, in der deutsche Torwartkunst bis dahin nicht vonnöten war.
„Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit“
Mag sein, dass dieser Strafstoß dem weiteren Verlauf seiner ohnehin seit Jahren mit kleineren Schwächephasen beflügelten Karriere dienlich gewesen sein könnte. Schließlich ist es noch kein halbes Jahr her, dass Bundestrainer Hansi Flick den Frankfurter Schlussmann am Ende seines Rankings verortet hatte. Im Oktober 2021 sagte der Nachfolger von Joachim Löw: „Manuel Neuer ist bei uns die Nummer eins vor Marc-André ter Stegen, Bernd Leno und Kevin Trapp. Jeder hat aber auch die Möglichkeit, sich in dieser Rangliste zu steigern.“
Trapp hat diese Möglichkeit wenig später reaktionsschnell, wie ein Keeper sein muss, bei der erstbesten Gelegenheit genutzt. Ihm vor allem hatte es die Eintracht beim 2:1-Auswärtssieg gegen den Meister FC Bayern München zu verdanken, dass die Frankfurter ihren ersten Saisoncoup unter Trainer Oliver Glasner bejubeln konnten.
Welche Folgen das hatte, beschrieb der österreichische Coach nach dem 2:1 seiner Mannschaft im Europa-League-Gruppenspiel bei Olympiakos Piräus: „Aus der außergewöhnlich guten Leistung in München hat er sehr viel Selbstvertrauen geschöpft. Jetzt hat er die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit gefunden, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er liest die gegnerischen Stürmer sehr gut.“ Frag nach bei Yonatan Cohen.
Trapps Münchner Flugshow hat den seitdem konstant vorbildlich vorangehenden Keeper mit Kapitänstugenden auf neue Höhen katapultiert. Inzwischen scheint er sogar ein veritabler Konkurrent von ter Stegen im Duell um den Platz hinter dem Platzhirsch Neuer zu sein.
Und so freut sich der Frankfurter jetzt schon auf die beiden Viertelfinalbegegnungen in der Europa League zwischen seiner Eintracht und dem ruhmreichen FC Barcelona mit ter Stegen als Nummer eins zwischen den Pfosten. Dann treten auch die beiden Kollegen aus der Nationalmannschaft, Trapp und ter Stegen, gegeneinander an. So wie zuletzt im Achtelfinale der Champions-League-Saison 2016/17, als Trapp, damals im Trikot von Paris Saint-Germain, einen 4:0-Heimspielsieg bejubelte und danach bei der 1:6-Auswärtsniederlage aus allen Wolken fiel.
Seit 2018 ist Trapp wieder zu Hause in Frankfurt. In der Blüte seiner Jahre als Fußballprofi angekommen, wird man sehen, ob er seinen Mitte 2023 auslaufenden Vertrag noch einmal verlängert oder nicht. Am Samstag in Sinsheim hat er wieder einmal für sich und seine Topqualität geworben. Er hat den achtzehnten von bisher sechzig Strafstößen gegen sich pariert. Eine gute Quote für einen längst herausragenden Torhüter.