Es war nur ein kleiner Satz, den Fredi Bobic während seiner Erläuterungen und Analysen nach der nächsten Niederlage von Hertha BSC fallen ließ, doch bei etwas genauerem Hinhören wurde hinter den Worten des Sportgeschäftsführers eine tiefe Hilflosigkeit sichtbar. „Am liebsten würden wir ein paar andere Sachen tauschen“, sagte der Sportgeschäftsführer auf die Frage, ob eine Entlassung von Trainer Tayfun Korkut auf die 2:0-Niederlage beim direkten Abstiegskonkurrenten Borussia Mönchengladbach folgen würde.
Er meinte wohl Teile des schlecht zusammengestellten Kaders, für dessen labile Statik eher Bobic selbst als Korkut zuständig ist. Und vielleicht würde Bobic auch gerne das wirtschaftliche Umfeld des Klubs loswerden. Der Investor Lars Windhorst und seine Leute haben zwar schon mehr als 370 Millionen Euro in den Klub gesteckt, lösen aber auch in dieser für die nähere Zukunft so wichtigen Saisonphase permanente Unruhe aus. Weil sich Mannschaft und Investor aber nicht so schnell austauschen lassen, traf es am Sonntagmorgen Korkut.
Nach nur zwei Punkten in der Rückrunde und dem Abrutschen auf Tabellenplatz siebzehn sei man „zu dem Entschluss gekommen, eine nochmalige Veränderung auf der Trainerposition vorzunehmen“, sagte Bobic. Korkuts Aus ist auch für den Sportchef eine herbe Niederlage. War er es doch, der den Trainer im November zur Überraschung als Nachfolger von Pal Dardai präsentiert hatte.
Das Experiment mit dem zuvor lange Zeit anstellungslosen Korkut funktionierte aber nur für kurze Zeit. Einem verheißungsvollen Start mit sieben Punkten aus vier Spielen folgte der sportliche Absturz. Aus 13 Spielen mit der Mannschaft holte Korkut nur neun Punkte. Einen schlechteren Punktschnitt hatte seit drei Jahrzehnten kein Trainer bei Hertha BSC. „Leider konnten wir aus verschiedenen Gründen den guten Start unserer Arbeit nicht halten“, wurde Korkut in einer Mitteilung durch den Verein zitiert.
Funkel gilt als Favorit
Trotz der schlechten Bilanz war Korkut sicher nicht das Hauptproblem dieses immer massiver vom Abstieg bedrohten Klubs. Seit dem Einstieg des Investors Lars Windhorst im Sommer 2019 ist Korkut bereits der sechste Trainer, der sich erfolglos an Verein und Mannschaft versuchte. Sein Nachfolger muss nun kurzfristig retten, was angesichts des flickenhaft zusammengestellten Kaders und strategischer Fehlentwicklungen in den vergangenen Jahren kaum noch zu retten ist.
Entsprechend favorisieren Herthas Entscheider einen erprobten Feuerwehrmann, um zumindest die kurzfristigen Brände zu löschen. Als Favorit gilt nach Informationen der F.A.Z. Friedhelm Funkel, der den Klub bereits in der Saison 2009/10 trainiert hatte, wenn auch ohne Erfolg damals. Mit Funkel als Trainer stieg Hertha seinerzeit in die zweite Liga ab. Seinem Ruf in der Branche schadete das nicht. Funkel gilt als stressresistenter Retter, in der vergangenen Saison gelang es ihm, den 1. FC Köln in einer ähnlich schwierigen Situation noch in der Bundesliga zu halten.
Allerdings hat Funkel seine Karriere eigentlich schon beendet, für ein Engagement bei Hertha müsste der in Krefeld lebende 68-Jährige – wenn auch nur für einige Wochen – nach Berlin ziehen. Ein anderer Trainer, mit dem sich die Klubführung intensiver beschäftigt, ist Michael Hartmann, derzeit bei Hertha für die U 19 zuständig. Mit seiner Mannschaft steht er auf Platz eins der Bundesliga-Staffel Nord/Nordost.