Es war ein ständiges Nachlaufspiel im Drachenstadion von Porto: aufregend und aufreibend zugleich. Gelohnt hatte sich der ganze Aufwand für den Verlierer letztlich nicht, da in diesem Play-off-Halbfinalduell auf dem Weg zu den letzten freien Plätzen für die Fußball-WM in Qatar der Favorit gewonnen hatte. Deutlich – zumindest beim ersten Blick auf den 3:1-Sieg des Weltranglistensechsten Portugal über den Weltranglistenneununddreißigsten Türkei.
Und doch konnte der Verlierer dieses K.-o.-Spiels auch gute Erkenntnisse mitnehmen. Die Türken und ihr deutscher Trainer Stefan Kuntz sind nach Jahren im Hinterland des europäischen Fußballs den besseren und besten Nationalmannschaften zumindest auf die Spur gekommen, auch wenn der Saarländer, mit der deutschen U 21 als Europameister 2017 und 2021 höchst erfolgreich, am Donnerstagabend seine erste Niederlage im fünften Einsatz für die Milli Takim kommentieren musste.
Er blieb dabei, typisch Kuntz, grundsätzlich positiv. „Ich bin stolz auf diese Mannschaft“, hob der Trainer hervor, „in der Türkei braucht sich niemand wegen unserer Mannschaft zu schämen. Diese Niederlage kann der Anfang einer tollen Zukunft sein.“
Die soll mit der Einstimmung auf die fest ins Auge gefasste Teilnahme an der Europameisterschaft 2024 in Deutschland beginnen. Dabei war in Porto zumindest kurzfristig auch der dritte Start der Türkei bei einer WM nach den Auftritten bei den Turnieren in der Schweiz 1954 und in Japan und Südkorea 2002 in den Bereich des Möglichen gerückt.
Trainer Stefan Kuntz scheidet mit der Türkei aus.
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Bild: Reuters
Nachdem der Favorit Portugal lange das Spiel mit seinem zügigen Kombinationsfußball bestimmt hatte und durch die Treffer von Otavio (15. Minute) und Diogo Jota (42.) angemessen deutlich in Führung gegangen war, traute sich der Außenseiter mehr zu. Und siehe da: Der 36 Jahre alte Mittelstürmer und Kapitän Burak Yilmaz konnte im Doppelpass mit Cengiz Ünder auf 1:2 verkürzen (65.) und das Spiel wieder spannend machen.
Als dann der Berliner Schiedsrichter Daniel Siebert kurz vor Schluss auf Foulelfmeter für die Türkei entschied nach Fontes Tritt gegen den Fuß von Ünal, schien alles möglich. Nun aber verließ Yilmaz die beim 1:2 demonstrierte Kaltblütigkeit. Er donnerte den Ball über die noch touchierte Latte und verspielte damit die große Gelegenheit auf die mögliche Wende (85.).
Die dadurch noch einmal belebten Portugiesen schlossen einen Konter mit dem Heber von Matheus Nunes zum 3:1-Siegtreffer (90.+4) ab und vertrieben damit die letzten Zweifel an der womöglich ersten portugiesischen Pflichtspielniederlage gegen die Türkei. Zur Belohnung trifft die Mannschaft von Trainer Fernando Santos am Dienstag abermals in Porto im Play-off-Finale auf den Überraschungsgegner Nordmazedonien.
Die Türken dagegen, unter Kuntz zu einem widerstandsfähigen, aber längst noch nicht ausgereiften Team zusammengewachsen, müssen weiter an sich arbeiten, um auch mal wieder bei einem der großen Turniere dabei zu sein. „Du musst von deinem Matchplan und deiner Stärke von Beginn an überzeugt sein und nicht erst nach einigen Minuten“, ermahnte Kuntz seine Spieler zu mehr Selbstbewusstsein in den kommenden Prüfungen. Längerfristig statt wie am Donnerstag nur phasenweise mit europäischen Topteams Schritt halten zu können ist das Ziel. Davon waren die türkischen Spieler aktuell noch zu weit entfernt für den ganz großen Wurf.