Fußballerin Nadeschda Karpowa : „Putin hat uns alles genommen“
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„Ich kann diese Unmenschlichkeit nicht einfach ansehen und stumm bleiben“: Nadeschda Karpowa (Bild von 2017) Bild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Viele russische Sportler schweigen. Fußball-Nationalspielerin Nadeschda Karpowa spricht sich mutig gegen den Krieg in der Ukraine aus. Eine Reise in die Heimat kommt für sie vorerst nicht infrage.
Schweigen war für Nadeschda Karpowa keine Option. „Ich kann diese Unmenschlichkeit nicht einfach ansehen und stumm bleiben“, betonte die russische Fußball-Nationalspielerin im Gespräch mit der BBC. Der Krieg ihres Heimatlandes gegen die Ukraine lässt ihr keine Wahl. Die 27-Jährige vom spanischen Zweitligaverein Espanyol Barcelona will ihre Landsleute aufrütteln: „Diese Leute, die den Krieg rechtfertigen, sind Geiseln der Propaganda. Sie tun mir leid, und ich denke, wir müssen alles tun, um sie davon zu befreien.“
Als erste russische Nationalspielerin erhebt die Angreiferin daher ihre Stimme gegen den Krieg – zum Beispiel bei Instagram, wo ihr 143.000 Menschen folgen. Präsident Wladimir Putin kann diese junge Frau mit seiner angeblich „einzigartigen Mission“ im Nachbarland nicht blenden. „Putin hat uns alles genommen“, sagte Karpowa, „er hat uns unsere Zukunft genommen.“
Die globalen Sanktionen gegen Russland machen bekanntlich auch vor dem Sport nicht halt. Die russischen Fußballspielerinnen hatten sich für die anstehende EM in England (6. bis 31. Juli) qualifiziert, sind nun aber ausgeschlossen von der großen Bühne.
Sie fühle „eine besondere Verantwortung, meine Stimme zu erheben“, äußerte Karpowa, die nach ihrer EM-Teilnahme 2017 für den Fußball nach Spanien gezogen ist und dort auch ihre Homosexualität nicht mehr verstecken muss. Was passieren würde, wenn sie solche Kritik in der Heimat äußern würde? „Ich weiß es nicht.“
Eine Vorstellung hat sie sehr wohl. Eine Reise zu Familie und Freunden in die Heimat kommt für sie in diesem Sommer nicht infrage. Nadeschda Karpowa, genannt Nadja, trägt am Hals ein Tattoo mit dem englischen Wort „Hope“, Hoffnung. Sie hofft auf Frieden, sie hofft auf Unterstützung von weiteren Sportlerinnen und Sportlern, „damit andere, die gegen den Krieg sind, sich nicht mehr in der Minderheit fühlen.“
Neutralität im Angesicht des Grauens ist für sie undenkbar: „Man kann nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen. Die Zeit des Schweigens sollte vorbei sein.“