6:0-Heimsieg über Aue : Darmstadt 98 hat den Hut auf
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Braydon Manu hat beim Darmstädter Jubel beim Kantersieg über Aue viel Spaß. Bild: Imago
Das 6:0-Sieg über Absteiger Erzgebirge Aue verbessert die Aussichten der „Lilien“ im Vierkampf um den Aufstieg in die Bundesliga entscheidend. Nun folgen die Spiele in Düsseldorf und gegen Paderborn.
Ein Anglerhut als Aufstiegs-Accessoire? Könnte so kommen in Darmstadt. Als Braydon Manu halbrechts im Strafraum der Ball erreichte und ihn umgehend ins Toreck knallte, war der Ruck spürbar, der durch das Stadion ging. Weil die Rückkehr in die Bundesliga auf einmal so nahe schien wie nie.
Eine wie entfesselt aufspielende „Lilien“-Mannschaft, ein glückseliges Publikum und Punktverluste der Konkurrenten im Aufstiegskampf – aus diesen Zutaten war ein emotional hochtouriger Samstagabend am Böllenfalltor gemacht. Als Manu den Ball in der 19. Minute ins Netz hieb, stand es beim 6:0-Heimspielsieg über Aue 3:0. Es war der dritte Treffer innerhalb von nur vier Minuten.
Offensivmann Manu ließ sich von der Bank eine Kopfbedeckung Marke Anglerhut reichen und inszenierte einen modisch extravaganten Solojubel. Eine Reminiszenz an eine lustige Begebenheit aus der Vorwoche beim 2:1-Erfolg auf St. Pauli. Als der dort gelbgesperrte Manu zum Feiern auf den Rasen lief – mit Anglerhut und schicken Schuhen – wurde er von den Ordnern nicht für einen Darmstädter Flügelstürmer, sondern für einen Flitzer gehalten.
Die „Lilien“ rückten an diesem für sie so exzellent verlaufenen Spieltag nicht nur auf den direkten Aufstiegsrang zwei vor, sondern polierten auch ihre Tordifferenz gehörig auf. Ein Faktor, der in der Endabrechnung in 13 Tagen von enormem Wert sein könnte. Werder und St. Pauli sind in dieser Hinsicht überflügelt im – darauf scheint es hinauszulaufen – Aufstiegs-Vierkampf.
„Atmosphäre hat uns getragen“
Als „herausragenden Sieg vor einer herausragenden Kulisse“ empfand Cheftrainer Torsten Lieberknecht den Abend. Als „sehr gierig“ nahm er seine Spieler wahr. 6:0 – die „Lilien“ haben ein deutliches Zeichen der Stärke ausgesendet vor den letzten beiden Spieltagen, die für den SVD zum Finale furioso werden soll. „Runterkommen, erholen und dann mit allem, was wir haben, in Düsseldorf auftreten“, lautet in den Augen von Tobias Kempe der Fahrplan bis zum Freitagabend. Der zentrale Mittelfeldmann, der eine starke Saison spielt, sorgte mit einem direkt verwandelten Freistoß in der Schlusssekunde für den Schlusspunkt gegen bedauernswerte Auer, die sich nach dem Abpfiff, der den Abstieg besiegelte, mit dem randalierenden eigenen Anhang konfrontiert sahen.
„Die Atmosphäre hat uns getragen. Wir waren alle da, alle bereit. Es war ein enormer Wille spürbar, toll zu sehen, wie die Mannschaft lebt“, sagte Kempe.
Die 13.850 Zuschauer auf der ausverkauften Stadionbaustelle konnten an diesem Abend unter Flutlicht nicht mal in der Halbzeitpause durchschnaufen. Vereinspräsident Rüdiger Fritsch moderierte mit angerauter Stimme die Verabschiedung von Serdar Dursun, dem letztjährigen Darmstädter Torschützen vom Dienst (27 Treffer). Was coronabedingt damals nicht möglich war, holte der zu Fenerbahce Istanbul abgewanderte und zum türkischen Nationalstürmer aufgestiegene Profi, dem in drei SVD-Jahren 59 Tore gelangen, nun unter dem Jubel der Fans nach.
Eine „eiskalte Einstellung“ hatte Lieberknecht von seinen aktuellen Profis vor Anpfiff gefordert. Er bekam eine Mannschaft, die eiskalt die sich ihr bietenden Chancen nutze. In jenen rauschhaften vier Minuten erzielte erst Luca Pfeiffer sein 14. Saisontor (16.), ein bildschönes obendrein; Tim Skarke erhöhte auf 2:0 (18), ehe keine Zeigerumdrehung später, wie erwähnt, Manu wuchtig zur Tor-Tat schritt.
Darmstadt erhöhte dann durch Treffer der Marke spielerisch wertvoll. Skarke musste eine passgenaue Hereingabe des kleinen Freigeistes Manu nur noch zum 4:0 (39.) vollenden, dann durfte der eingewechselte Mathias Honsak nach einer starken Vorarbeit von Luca Pfeiffer den Ball nur noch über die Linie zu schubsen (74.).
„Wir sind eine Mannschaft“, sagte Coach Lieberknecht, „die sich einen Traum erfüllen will. Ich wünsch es meinen Jungs, weil sie bis auf drei Spieler die Bundesliga nur aus dem Fernsehen kennen.“ Die Konkurrenten vor dem TV dürften den Darmstädter Auftritt bang verfolgt haben. Den „Lilien“ reichen nun vier Punkte aus den verbleibenden zwei Partien, um den Relegationsplatz sicher zu haben. Die Darmstädter haben im Saisonfinale sozusagen den (Angler-)Hut auf.