Magath äußert Verständnis : Hertha-Profis boykottieren Fans nach Trikot-Eklat
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Die Hertha-Spieler feiern – miteinander. Bild: Reuters
Hertha BSC gelingt gegen Stuttgart ein wichtiger Sieg. Die Fans wollen mit der Mannschaft feiern, doch die bleibt lieber unter sich – und reagiert so auf die hässlichen Szenen beim vorigen Heimspiel.
Anführer Kevin-Prince Boateng trommelte seine Mitspieler von Hertha BSC unmittelbar nach dem Schlusspfiff auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions zusammen und schwor sie mit aufpeitschenden Worten auf den Saisonendspurt ein.
Doch statt zu ihren zuletzt kritischen Anhängern gingen die Profis nach dem überlebenswichtigen 2:0 (1:0) im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga gegen den VfB Stuttgart in die Kabine. Zu sehr wurmten die Spieler noch die Szenen nach dem 1:4 gegen Union Berlin im Heimspiel zuvor, als sie die Fan-Wut zu spüren bekommen hatten.
„Gegen Union war es nicht okay“
Wütende Hertha-Anhänger hatten nach dem Spiel vor zwei Wochen die Spieler bei deren Gang in die Kurve aufgefordert, ihre Trikots auszuziehen und auf den Boden zu legen. Einige Spieler ließen diese Demütigung über sich ergehen.
„Wir haben uns entschlossen als Mannschaft, erst einmal nicht zu den Fans zu gehen“, erklärte Torwart Marcel Lotka im Streamingdienst DAZN. „Gegen Union war es nicht okay. Ich glaube, jetzt ist das Sportliche das Wichtigste, dass wir unsere Punkte holen auch für die Fans, dass wir eine Einheit sind.“
Magath hat Verständnis
Hertha-Trainer Felix Magath äußerte Verständnis für den Fan-Boykott seiner Spieler: „Die Mannschaft ist schon letzte Woche nicht zu den Fans gegangen. Sie waren mit der Aktion nicht einverstanden. Das haben wir letzte Woche demonstriert, das ist in Ordnung so weit, dass die Spieler sich wehren gegen die Maßnahme damals“, sagte Magath am Sonntagabend.
Magath hofft auf eine Beruhigung der Situation im Schlussspurt der Saison. In den nächsten Tagen solle es dazu kommen, „dass sich beide Gruppen annähern“. Man müsse sich „gemeinsam gegen den Abstieg stemmen“, betonte der Trainer.
„Das Herz ist erleichtert“
Beim 500er-Jubiläum von Magath als Bundesliga-Trainer machten die Berliner einen großen Schritt Richtung Klassenverbleib. Durch den Erfolg vergrößerten sie als Tabellen-15. ihren Vorsprung auf die einen Rang tiefer platzierten Schwaben auf vier Punkte.
„Das Herz ist erleichtert. Die Stimmung war unfassbar heute“, meinte Torschütze Davie Selke. Der Stürmer (4. Minute) hatte mit seinem ersten Tor unter Jubilar Magath vor 54.589 Zuschauern für die Hertha-Führung gesorgt. Ishak Belfodil (90.+3.) machte den dritten Sieg unter Magath perfekt.
Die Stuttgarter waren nach der Niederlage bedient und mussten sich ihren aufgebrachten Fans stellen. „Wir haben die erste Halbzeit ganz klar verschlafen“, sagte VfB-Profi Waldemar Anton. „Wir müssen von Anfang an da sein. Dann passiert so etwas nicht.“
Fußball-Genuss konnte dieses Spiel bei der prekären Lage beider Teams nicht bieten. Wie in der Vorwoche beim 1:0 gegen den ebenfalls gefährdeten FC Augsburg überzeugten die Berliner aber mit einem lange schmerzlich vermissten Teamgeist und großem Einsatz.
VfB muss sich steigern
Mit einem weiteren Erfolg am kommenden Samstag bei der auf sechs Zähler distanzierten Arminia in Bielefeld könnte der Bundesliga-Verbleib womöglich schon perfekt gemacht werden, wenn parallel auch der VfB Stuttgart gegen den VfL Wolfsburg verlieren würde. Die Schwaben haben auf dem Relegationsrang 16 weiter nur zwei Punkte Vorsprung auf die Ostwestfalen und müssen sich im Saisonendspurt noch einmal steigern.
Der Rauch der Pyrofackeln im Stuttgarter Fanblock hatte sich noch nicht verzogen, da machte die Hertha gleich Dampf. Marc Oliver Kempf (3.), erst im Winter von Stuttgart nach Berlin gewechselt, hatte eine Kopfballchance. Selke wäre fast noch an den Ball herangekommen.
Kurz darauf stand der Angreifer bei einer Hereingabe von Magaths Vorlagen-Experte Marvin Plattenhardt richtig. Referee Felix Brych monierte eine Abseitsstellung, doch die Videobilder waren eindeutig. Der Treffer zählte, und Selke und die Hertha-Fans konnten nach der VAR-Bestätigung befreit jubeln.
Berlin verteidigt gut
Von der großen Dissonanz zwischen Berliner Mannschaft und kritischen Anhängern war während des Spiels nichts zu spüren. Die Hertha erfüllte den Fan-Willen. Der Kampf stimmte. Stuttgart fiel recht wenig ein. Hertha-Schlussmann Marcel Lotka musste keine ernsthafte VfB-Chance vereiteln. Die Berliner standen sicher, konnten offensiv aber keine entscheidenden Akzente setzen.
Magath konnte in seinem 500. Spiel als Bundesliga-Coach auch in der zweiten Halbzeit erstmal beruhigt in seinem Leinenanzug auf der Bank Platz nehmen. Sein Assistent Mark Fotheringham übernahm das Coachen - mit viel Elan.
Der Schotte sah wie sein Chef dann eine viel mutigere VfB-Elf. Die Berliner überstanden schwierige Phasen und stemmten sich auch fortan erfolgreich gegen den Ausgleich. Der eingewechselte Belfodil machte in der Nachspielzeit alles klar.