Ärger nach Bayern-Meistertitel :
Roses Zorn – und eine Schwäche der Schiedsrichter

Von Daniel Theweleit
Lesezeit: 2 Min.
„Ich kann jetzt natürlich auch einen Purzelbaum machen, dafür kriege ich auch keinen Elfmeter“: BVB-Trainer Marco Rose
Die Arbeit der Schiedsrichter bleibt auf schwer nachvollziehbare Art fehlerhaft. Nicht nur der BVB und sein Trainer regen sich darüber auf. Beim Spiel in München geht es um einen möglichen Elfmeter.

Vielleicht ließ sich Marco Rose von seiner verständlichen inneren Abscheu gegen das Weißbier-Gejubel der Bayern zu einer besonders harten Schiedsrichterkritik hinreißen, aber der Dortmunder Trainer hatte gute Gründe für seinen Zorn. „Es ist ja nichts Neues für uns. Es geht um eine Menge, es geht um Renommee, Bayern gegen Dortmund, dann erwarte ich einfach, dass die Dinge anständig geregelt werden“, sagte er, als er auf ein Foul des Münchners Benjamin Pavard gegen Jude Bellingham im Strafraum angesprochen wurde, und erklärte voller Ironie: „Wenn das heute wieder nicht der Fall war, dann muss ich sagen: Hut ab!“

Alle Beobachter inklusive der Schiedsrichterexperten waren sich einig, dass es einen Elfmeter hätte geben müssen, mit dem der BVB die Chance zum 2:2 gehabt hätte. Doch Marco Fritz, der Videoassistent in Köln, entschied innerhalb weniger Sekunden, nicht einmal eine Überprüfung am Spielfeldrand zu empfehlen.

Zur Geschichte der Duelle zwischen München und Dortmund gehören mehr und mehr auch Debatten über die Unparteiischen. Nach dem Hinspiel war der Ärger derart eskaliert, dass sich der Spielleiter Felix Zwayer wochenlang aus dem Betrieb zurückzog. Aber die Arbeit der Schiedsrichter bleibt einfach auf schwer nachvollziehbare Art und Weise fehlerhaft, nicht nur in München, wo einfach mehr Ruhe in der Bewertung für Aufklärung gesorgt hätte.

„Es fehlt momentan die grundsätzliche Linie, mal werden wichtige Entscheidungen überprüft, mal werden sie nicht überprüft“, sagte der Schiedsrichterexperte Manuel Gräfe im ZDF und sprach damit sehr direkt die zentrale Schwäche der Schiedsrichterarbeit an: die fehlende Einheitlichkeit. Noch deutlicher zeigte sich dieses Problem in Freiburg, wo Nicolas Höfler den Ball während einer Abstützbewegung beim Grätschen an den Arm bekam, woraufhin Mönchengladbach nach einem VAR-Check einen Elfmeter bekam.

Sogar Gladbachs Trainer Adi Hütter war fassungslos, denn Lutz Wagner, der DFB-Schiedsrichterlehrwart, hatte vor der Saison explizit einige Präzisierungen der Handspielregel vorgestellt: „Man hat die Absicht in den Vordergrund gestellt. Nicht mehr die reine Stellung des Armes ist ausschlaggebend, sondern das Warum. Macht er es mit der Intention, den Ball aufzuhalten, oder macht er es, um sich beispielsweise abzustützen.“

Dieser Vorsatz ist während des Saisonverlaufs in einem schleichenden Prozess verloren gegangen. Offenbar fällt es den Unparteiischen extrem schwer, natürliche Bewegungen zu identifizieren. Der ehemalige Weltklasseschiedsrichter Urs Meier empfiehlt daher seit Jahren, dass die Spielleiter auf ihren Lehrgängen regelmäßig Grätschen aus dem Vollsprint machen, diese auf Video aufzeichnen lassen, um dann zu sehen, was die Arme während so einer Aktion tun.

Die Videoanalyse von ein paar selbst geführten Kopfballduellen mit Gegnerkontakt im Luftkampf könnte das Gespür für natürliche Armbewegungen ebenfalls stark verbessern. Und mit großer Wahrscheinlichkeit hätte am Samstag auch Union Berlin nach dem Tritt von Leipzigs Nordi Mukiele an das Bein von Niko Gießelmann den fälligen Elfmeter bekommen, wenn die Schiedsrichter endlich mehr an ihrem Blick auf die Komplexität der Bewegungen der Spieler arbeiten würden.