Finale der Europa League :
Echter Fußball in Sevilla

Von Michael Eder
Lesezeit: 2 Min.
Auch beim Endspiel in Sevilla kann sich die Eintracht wieder auf ihre Fans verlassen.
Ungefähr eine Million Frankfurter fahren, fliegen, reiten, radeln, schwimmen nach Sevilla zum Finale. Das wird nicht wie bei Ibiza München, Bayerkreuz Leverkusen oder Dosenball Leipzig. Eine Glosse.

Anthony Sabini? Badesalz? Henni Nachtsheim? Sagt Ihnen was? Nein? Dann ist Ihr ständiger Aufenthaltsort schon mal klar. Sie können kein Hesse sein. Das ist nicht weiter schlimm. An diesem Mittwoch (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Europa League und bei RTL) allerdings wird das womöglich anders sein. Dann wird ganz Fußball-Deutschland wieder über Hessen staunen. Ganz neidisch sein. Ungefähr eine Million Frankfurter werden sich dann auf den Weg nach Spanien gemacht haben, gefühlt zumindest.

Wer genau nachzählt, wird kaum auf mehr als 30.000 kommen, die zum Fußball nach Sevilla gefahren, ge­flogen, vermutlich auch geschwommen, geritten und geradelt sind, um ihre Eintracht zu sehen beim Europa-League-Finale gegen die Glasgow Rangers.

Ein harter, leidenschaftlich geführter, stimmungsvoller Kampf ist zu erwarten, der Fight des Jahres zwischen zwei Klubs, die so ziemlich alles in den Schatten stellen, was sich sonst in Europas Stadien tummelt. Vielleicht sind das sogar die beiden besten Teams der Welt. Glauben Sie nicht? Na, dann machen Sie am Mittwoch mal den Fernseher an.

Die taktischen Aufstellungen beider Klubs stehen bereits. Die Trainer vertrauen bei Anpfiff auf jeweils rund 10.000 Akteure, die in verschiedenen Zonen des Stadions untergebracht sein werden. Experten gehen davon aus, dass das mit Spannung erwartete Kräftemessen bereits vor Anpfiff Höchstleistungen verspricht. Beide Teams gelten als ex­trem trink- und sangesfreudig. Bei aller Einsatzfreude sind hinterhältige Fouls und übermäßige Rudelbildungen jedoch nicht zu erwarten.

Dafür große Sangeskunst und sonstiges Feuerwerk. Und während 30.000 Hessen bei einem Euro­pa-League-Auswärtsspiel mittlerweile als Normalfall gelten, wird der größte Teil der Mannschaft daheim im alten Waldstadion vor einer Videowand gleichermaßen für eine Stimmung sorgen wie seinerzeit bei den Stones. Ja, richtig, fast vergessen, Fußball wird auch gespielt in Sevilla.

Die Rangers und die Eintracht schicken anlässlich der Fußballfeier des Jahres zwei Teams, die gegeneinander antreten, nicht oben auf den Rängen, wo die Musik spielt, sondern unten auf dem Rasen. Am Ende wird eine Mannschaft den Pott gewonnen haben und dreißig Millionen Euro für die Champions-League-Qualifikation dazu, und die Fußballwelt wird auf den Abend draufgeschaut und erfahren haben, wie echter Fußball geht.

Nicht wie bei Ibiza München, Bayerkreuz Leverkusen oder Dosenball Leipzig. Sondern wie in Glasgow oder Frankfurt. Dort kommt es nicht nur auf die Kohle an, auf die großen Namen, auf Megatransfers, auf ­Tikitaka und all den Klimbim. Dort spielen nicht elf gegen elf. Dort ­spielen 10.011 gegen 10.011. Aber auch nur, wenn sie, wie in Sevilla, nicht mehr ins Stadion lassen.